Schnittmodell eines Elektroauto-Akkus: Die Zellen müssen isoliert sein – nicht nur um Stromflüsse zu verhindern, sondern auch um die Brandgefahr einzuschränken.

Foto: Imago / Sebastian Geisler

Die Elektromobilität verändert die Anforderungen an die Forschung in der Autoindustrie grundlegend. Es wird an kleineren und effizienteren Elektromotoren gearbeitet, genauso wie an Batterietechnik mit höherer Leistung und Kapazität.

Überall dort, wo Elektrizität im Spiel ist, braucht es aber auch Isolationsmaterialien – ein Bereich, dem meist weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Gerade in Elektroautos mit ihren hohen Anforderungen bei der Umwandlung von chemisch gespeicherter Energie in elektrische und kinetische Energieformen spielen sie aber eine große Rolle – für die elektrische Abschirmung, aber auch für das Thermalmanagement und für die Fahrzeugsicherheit.

In Österreich ist etwa das Unternehmen Isovolta, Mitglied des Fachverbands für chemische Industrie, auf Isolationsmaterialien spezialisiert. Seit einigen Jahren ist man am Standort Werndorf auch mit der Entwicklung von Technologien für die Batterietechnik in der Elektromobilität beschäftigt, mit denen auch große Autobauer in Deutschland beliefert werden, berichtet die Forschungschefin im Energiebereich von Isovolta, Irmgard Bergmann. "Es gibt mittlerweile einige Projekte, bei denen wir mit an Bord sind. Seit kurzem sind wir auch in ersten Serienfahrzeugen vertreten."

Flexible Anpassung

Die Hochleistungsakkumulatoren, die die Elektro-Pkws pro Ladung etwa 200 bis 500 Kilometer weit bringen, bestehen aus vielen – oft tausenden – zusammengeschalteten Lithium-Ionen-Zellen. Diese verändern während ihrer Ladezyklen das Volumen: Beim Beladen bauchen sie aus, beim Entladen zeihen sie sich wieder zusammen. Eine zwischen den Zellen liegende Isolationsschicht muss diese Bewegung mitmachen und sich flexibel anpassen können, erklärt Bergmann.

Dazu muss das Material nicht nur thermisch und elektrisch isolieren, sondern auch möglichst durchbrandsicher sein. Denn schlimmstenfalls kann es zum Ausbrennen der einzelnen Zellen kommen.

"Ist eine Zelle beschädigt, kann heißes Gas mit hoher Geschwindigkeit ausströmen und Partikel mitreißen, die zu kleinen Geschossen werden", schildert die Forscherin. "Die Isolationsschicht über den Zellen muss hier ausreichenden Widerstand bieten, sodass ein derartiger Ausbruch keine weiteren Zellen oder gar den Batteriedeckel erreicht und damit eine Kettenreaktion auslöst."

Glimmerschichten

Um all diese Kriterien zu erfüllen, ist die Isolation zwischen und über den Zellen mehrschichtig aufgebaut. Eine oder mehrere Schichten sind dabei mineralischen Ursprungs. Sie bestehen aus Glimmer, der zu den sogenannten Schichtsilikaten gehört. In den Isolationsschichten kommen vor allem Varianten zum Einsatz, die die Elemente Kalium, Magnesium oder Aluminium beinhalten. Der Glimmer wird zu einem dünnen, fragilen Papierpapier verarbeitet und ist ein Produkt, das bei Isovolta schon seit Jahrzehnten hergestellt wird.

Bisher kam es etwa im Hochspannungsbereich bei großem Motoren oder Kraftwerksgeneratoren zum Einsatz. Auch in Windkraftanlagen wird Glimmer bereits eingesetzt. Nun wurde das Material auch für Elektroautos adaptiert.

"Glimmer hat einzigartige Eigenschaften", sagt Bergmann. "Auf der einen Seite ist er aufgrund des schichtweisen Aufbaus ein ausgezeichneter elektrischer Isolator, auf der anderen Seite bietet er einen sehr guten Durchbrandschutz, weil er als mineralische Komponente eben nicht brennen kann."

Testverfahren

Die dünnen Mineralschichten werden mit Kunstharz stabilisiert, dann mit Schäumen und Fleecen laminiert, um dem Aufbau die erforderliche Kompressibilität zu verleihen. Eigene Kunststoffschichten sind für die elektrische Isolation zuständig, die vom Glimmer unterstützt wird.

Für die Entwicklung der neuen Anwendung mussten auch die entsprechenden Prüfverfahren miterfunden werden. "Nachdem es in diesem Bereich in Europa – im Gegensatz etwa zu China – noch keine eigenen Standards und Normen gibt, waren die Kundenanforderungen die Ausgangspunkte für die Etablierung der Testverfahren", berichtet Bergmann.

Beispielsweise gibt es nun Hitzetests, bei denen die Isolierung mit 700 Grad heißen Materialien in Kontakt gebracht wird, um die Temperaturentwicklung auf der Rückseite zu messen. "Eines der wichtigsten Ziele der Isolierung ist etwa, dass bei Beschädigung die Brandgefahr eine gewisse Zeit zurückgehalten wird, sodass die Insassen das Auto verlassen können. Das bildet auch eine neu eingeführte Norm in China ab", sagt Bergmann.

Höhere Spannung

Forschungsbedarf wird es bei den Isolierungen der Elektroautos auch in Zukunft geben. Bergmann verweist etwa auf eine Zunahme der Zahl jener Fahrzeugmodelle, die eine höhere Betriebsspannung als die bisher üblichen 400 Volt aufweisen.

"Hier gibt es höhere Anforderungen. Der Motor muss besser elektrisch isoliert werden, Wärme muss aber auch besser abgeführt werden können als bisher", erklärt die Forscherin. "Aktuell ist das ein großer Forschungsbereich." (Alois Pumhösel, 4.10.2020)