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Ein Besucher der IFA 2019 mit etwas ausgefalleneren Kopfhörern.

Foto: Reuters

Als "Wundermaterial" und Hoffnungsträger in vielen Technologiesparten hat Graphen immer wieder von sich reden gemacht. Die "zweidimensionale" Kohlenstoffschicht trumpft dabei vor allem mit hoher Leitfähigkeit und Festigkeit auf. Diese Eigenschaften sollen in Zukunft dazu beitragen, Kopfhörer (aber auch Lautsprecher und Mikrofone) besser zu machen. Künftige Generationen der tragbaren Hörhilfen versprechen deutliche Verbesserungen dank der Implementation einer Graphenmembran.

Hierbei geht es um Geräte, die nach dem Prinzip eines elektrostatischen Wandlers arbeiten. Dieses findet vor allem bei teureren Modellen Einsatz, während billigere Kopfhörer üblicherweise auf die Bauart eines elektrodynamischen Wandlers setzen, die einfacher und kostengünstiger zu produzieren ist. Darüber hinaus, allerdings eher selten anzutreffen und sehr teuer, sind Geräte magnetostatischer Natur.

Viel geringerer Energiebedarf

Bei Kopfhörern, die wie ein elektrostatischer Wandler arbeiten, sitzt eine unter Gleichstrom gesetzte Membran zwischen zwei Elektroden, über die die Wechselspannung läuft. Deren elektrisches Feld sorgt für Anziehung, durch welche die Membran in Schwingung gerät und damit das elektrisch Signal in Schall umwandelt.

Das Unternehmen Graphaudio beginnt nun mit der kommerziellen Entwicklung solcher Systeme, in denen die Membran nun aus mehreren Graphenschichten besteht. Während viele Kopfhörer bis zu 90 Prozent der Energie in Wärme umwandeln, sollen dank der Graphenmembran rund 99 Prozent zu Schall transformiert werden.

Vielfältiges Einsatzpotenzial

Gleichzeitig haben sie auch einen Vorteil hinsichtlich der Audioqualität, da die Membran stets gleichmäßig belastet wird und es daher auch bei sehr hohen und tiefen Tonlagen kaum zu Verzerrungen kommt. Auch hier soll das Graphen den bestehenden Vorteil verbessern und es ermöglichen, einzelne Instrumente aus einem großen Symphonieorchester klar heraushören zu können.

Zudem bietet es, weil auch die Wiedergabe des nicht hörbaren Schallspektrums sehr störungsfrei funktioniert, Einsatzmöglichkeiten abseits herkömmlicher Beschallung eröffnen – etwa bei schallbasierten Ortungssystemen oder Ultraschallgeräten. Gleichzeitig soll die Robustheit des Material die große Schwäche von Kopfhörern und Lautsprechern mit elektrostatischen Wandlern – mechanische Empfindlichkeit – ausmerzen.

Graphaudios Technologie kommt ursprünglich aus dem Berkeley Lab der University of California, die man 2016 lizensiert hat. Auf der CES hatte man im Jänner Prototypen gezeigt. Man befindet sich bereits in Gesprächen mit einer Reihe interessierter Unternehmen. Erste Produkte könnten bereits in den kommenden Jahren auf den Markt kommen.

Graphen könnte Silizium ablösen

Kohlenstoff könnte eines Tages auch Silizium als heiligen Gral der IT-Industrie ablösen. Berkeley-Forschern ist nun die Herstellung eines rein aus Kohlenstoff bestehenden Drahtes gelungen. Ein wichtiger Zwischenschritt zur möglichen Herstellung von Transistoren, die eines Tages für eine deutliche Steigerung der Rechenleistung und Senkung des Energieverbrauchs von Computern sorgen könnten. (red, 30.9.2020)