Deutsche Wohnungsinteressenten in Wien kommen mit Bewerbungsmappe samt Lebenslauf, berichten Makler – weil sie es von der Heimat so gewohnt sind.

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Das Bestellerprinzip bei den Maklerprovisionen soll kommen, ein Ministerialentwurf dafür liegt aber noch nicht vor. Deshalb drehte sich die Diskussion auf dem 4. ÖVI-Makler-Dialog am Mittwoch in den neuen Räumlichkeiten des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI) in Wien vor allem um das deutsche Bestellerprinzip und seine Auswirkungen.

20 Prozent weniger Inserate

Diese seien anfangs tatsächlich immens gewesen, berichtete Markus Dejmek, Geschäftsführer der Immobilien Scout Österreich GmbH, die zur deutschen Scout 24 AG gehört. Ein Jahr nach der Einführung habe man auf dem deutschen Portal acht Prozent weniger Makler und 20 Prozent weniger Inserate gehabt, "und das wurde auch von Privaten nicht aufgefüllt, diese Anzeigen waren einfach weg". Bis 2017 habe es dann aber eine Erholung gegeben, das Minus lag dann bei nur noch sieben Prozent. Die Abgeber hätten gelernt, dass Makler "einen Mehrwert bieten", versuchte Dejmek den mehreren Dutzend anwesenden Maklern Hoffnung zu machen.

Laut einer Statistik gab es 2017 sogar viel mehr Makler in Deutschland als zuvor, nämlich 70.000 statt 58.000 wie im Jahr 2014. Hier hakte ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel allerdings ein: Die Zählung wurde verändert, 2017 wurden auch alle Kleinunternehmer berücksichtigt, die zuvor nicht drin waren. Fakt sei, dass viele deutsche Makler ihr Geschäftsmodell umgestellt hätten, meinte auch Dejmek, etwa mehr auf Verkaufstransaktionen gesetzt hätten.

Unterschiedliche Märkte

Man könne aber die beiden Märkte Österreich und Deutschland nicht wirklich gut vergleichen, wandte der Wiener Makler Robin Kalandra ein. Ein wesentlicher Unterschied ist für ihn, dass in Deutschland von Mietern meist eine dreijährige Mindestvertragsdauer verlangt wird, in Österreich könne man aber laut Mietrechtsgesetz schon nach einem Jahr einen Mietvertrag wieder kündigen (mit dreimonatiger Kündigungsfrist). Deutsche Abgeber würden also ihre Maklerkosten auf zumindest drei Jahre einpreisen können, österreichische Abgeber müssten hingegen damit rechnen, nach gut einem Jahr schon wieder einen neuen Mieter suchen zu müssen. Wie oft das tatsächlich vorkommt, war umstritten; manche der mehreren Dutzenden Maklern im Raum schnauften gut vernehmlich, als die Vertreterin des Konsumentenschutzministeriums, Maria Reiffenstein, bezweifelte, dass es sich hierbei um regelmäßige Vorgänge handle.

Reiffenstein bemühte sich als einzige Mieter-Vertreterin im Saal, die Beweggründe für die Einführung des Bestellerprinzips klarzumachen, dazu gehörte aus ihrer Sicht vor allem die Leistbarkeit von Mietwohnungen angesichts vieler Befristungen. Als Grund führte sie aber auch eine "Sachgerechtigkeit" an: "Der Vermieter kann sich den Makler aussuchen, der Mieter nicht."

Keine Studien zum deutschen Bestellerprinzip

Die ewige und schwer zu beantwortende Frage, für wen der Immobilienmakler denn nun tatsächlich mehr leistet, für den Abgeber oder den Interessenten, konnte auch am Mittwoch nicht abschließend beantwortet werden. Makler Kalandra wies jedenfalls darauf hin, dass man als Makler gar nicht selten auch "Verhandlungsgehilfe" des Mietinteressenten sei; viele Services wie etwa die in Zeiten des Corona-Lockdowns sehr beliebten virtuellen 360-Grad-Rundgänge durch Wohnungen wären ja in erster Linie eine Dienstleistung für den Mieter.

Dass es größere Studien zu den Auswirkungen des Bestellerprinzips auf den deutschen Markt noch nicht gibt, bedauerten alle Diskussionsteilnehmer. Es sollte eigentlich bis zum Herbst 2020 – fünf Jahre nach der Einführung – evaluiert werden, dies soll nun aber, wie berichtet, erst bis zum Frühjahr 2021 stattfinden. Manche äußerten den Wunsch, dass vor der Einführung in Österreich die deutsche Evaluierung abgewartet werden sollte.

Mieter mit Bewerbungsmappen

Dazu wird es wohl nicht kommen. Dass es in Deutschland aber mancherorts mittlerweile schrecklich sei, als Mieter eine Wohnung suchen zu müssen, untermauerte ÖVI-Maklersprecherin und EHL-Wohnimmobilienexpertin Sandra Bauernfeind mit ihren Erfahrungen mit deutschen Wohnungssuchenden in Wien: "Die kommen mit Bewerbungsmappen und Lebensläufen daher, wo drinsteht, dass sie nicht rauchen, nie Freunde einladen, ihre Kinder wohlerzogen und ihre Eltern Akademiker sind."

Solche Zustände will hierzulande niemand, dank des Wohnbaubooms der vergangenen Jahre in österreichischen Großstädten (Wien, Graz) und des damit einhergehenden Überangebots an (freifinanzierten) Mietwohnungen sind sie auch schwer vorstellbar. Doch auch zu den illegalen Ablösen früherer Jahrzehnte dürfe es nicht wieder kommen, wurde von mehreren Maklern betont. "Das kann man gesetzlich regeln", antwortete Reiffenstein und erntete dafür Gelächter im Saal. Schwarzzahlungen müsse man erst einmal beweisen können, so der Tenor unter den anwesenden Maklern, doch Reiffenstein blieb bei ihrer Meinung.

Warten auf den Entwurf

Wann denn nun mit dem Entwurf zu rechnen ist, wusste auch die Vertreterin des Sozialministeriums nicht. Mancher Makler äußerte die Hoffnung, dass noch die Wiener Wahlen abgewartet werden und dann "aus dem Thema etwas die Luft draußen ist", man also mit kühlem Kopf an die Sache herangehen könne.

Beim ÖVI weiß man auch noch nicht, wann es so weit sein wird, aber Holzapfel kündigte jedenfalls schon einmal an: "Sobald der Entwurf da ist, wird es dazu eine eigene Veranstaltung geben." (Martin Putschögl, 30.9.2020)