Statt einer Bewertung braucht es eine gute Einschätzung.

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St. Pölten – Der Weg zur ersten Frühphasenfinanzierung ist für Gründer oft ein langwieriger. Man kennt die Diskussionen über Bewertung und Investitionssumme aus Fernsehshows wie 2 Minuten 2 Millionen – dort wird die Verhandlung aber noch vereinfacht dargestellt. Der Risikokapitalgeber des Landes Niederösterreich, Tecnet Equity, bringt nun ein neues Instrument auf den Markt und verspricht Start-ups den Zugang zu 50.000 Euro binnen weniger Tage.

Grundsätzlich geht es um ein Wandeldarlehen, das den Namen "Safe" für Simple Agreement for Future Equity trägt. Das Start-up bekommt die finanzielle Unterstützung, muss dafür aber nicht unmittelbar Unternehmensanteile abgeben. "Das Geld kann als Eigenkapital ausgewiesen werden, und wir definieren gewisse Meilensteine, die es zu erreichen gilt", sagt Tecnet-Geschäftsführerin Doris Agneter.

Seien diese Meilensteine erreicht, würde Tecnet das Darlehen in eine Beteiligung umwandeln. Die Vertragskonditionen sind unverhandelbar. Gründer können sich also nicht kurzfristig umentscheiden, dass sie das Geld lieber zurückzahlen würden. Dafür ist ihr Risiko überschaubar. Scheitert das Jungunternehmen auf dem gemeinsam erarbeiteten Weg, muss das Geld nicht refundiert werden.

Schätzung statt Due-Diligence

Bevor ein Investor in etwas einsteigt, steht üblicherweise eine Due-Diligence-Prüfung an, die in einem detaillierten Vertrag resultiert. Tecnet versucht das anders: "Uns geht es darum, einzuschätzen, ob ein Markteintritt mit dem Prototyp absehbar ist, ob das Team passt und ob die Geschäftsidee Potenzial hat", so Agneter. Nichts davon müsse bereits völlig ausgereift sein. Umsätze mache in dieser Phase ja kaum jemand.

Der Weg zu "safen" 50.000 Euro geht also über eine erste Einschätzung von Tecnet. Die 50.000 Euro sind übrigens eine fix festgelegte Summe – nicht mehr und nicht weniger. Eine Million Euro hat Tecnet laut Agneter für Safe in die Hand genommen. Insgesamt winkt also 20 Start-ups diese Unterstützung. Der Fokus liegt auf jungen Technologieunternehmen, die sich in Niederösterreich ansiedeln wollen oder gegründet wurden. Das erste Safe-Darlehen ging an MLReef, ein Start-up, das künstliche Intelligenz massentauglicher machen möchte.

Elf Investments, vier Exits

Tecnet Equity selbst ist ein 50 Millionen Euro umfassender Venture-Capital Fonds. Aktuell befinden sich elf Start-ups im Portfolio, bei vier weiteren kam es zu Exits. Zum Beispiel hat der Technologieausrüster Alcatel-Lucent die Mehrheit an Sipwise übernommen, das Cloud-Lösungen und -Infrastruktur für Telekom anbietet. (Andreas Danzer, 1.10.2020)