Peking – Der illegale Handel mit Reptilien ist neben dem Lebensraumverlust nach wie vor die größte Bedrohung für die Schuppentiere. Trotz Initiativen um gesetzliche Bestimmungen und Regulation können noch immer Tausende Arten oft kaum überwacht über das Internet bestellt werden. Wie ein Team um Alice Hughes von der chinesischen Akademie der Wissenschaften nun ermittelte, sind gut 3.900 Reptilienspezies im Internet erhältlich. Das sind rund 36 Prozent der weltweit bekannten Arten, wie die Forscher im Fachmagazin "Nature Communications" berichten.

Kaum Überwachung

Lücken in den internationalen Bemühungen zur Regulierung des Handels mit Wildtieren führten dazu, dass eine große Anzahl von Arten nicht überwacht werde. Drei Viertel des Handels entfallen demnach auf Reptilien, die nicht unter internationale Vorschriften fallen – zu denen aber auch gefährdete Arten wie die Gesprenkelte Kapschildkröte (Nomus signatus) und das Seychellen-Tigerchamäleon (Calumma tigris) gehören.

Das Seychellen-Tigerchamäleon (Calumma tigris) wird nicht von internationalen Vorschriften geschützt.
Foto: Hans Stieglitz

Bei mindestens 21 Arten sei die gesamte Wildpopulation von Händlern ausgelöscht worden, die wissenschaftliche Publikationen zu deren Vorkommen genutzt hätten, um die Tiere aufzuspüren, erläuterten die Forscher. Etliche andere Populationen seien im Zuge des übermäßigen Fangs für den Handel geschrumpft.

Die Hälfte kommt aus der Wildnis

Für ihre Studie hatten die Wissenschafter Daten von rund 150 Online-Reptilienhändlern mit Informationen aus zwei internationalen Datenbanken für den Handel mit Wildtieren abgeglichen (Cites und Lemis). Rund die Hälfte der erfassten Tiere sei in freier Wildbahn gefangen und dann zum Verkauf angeboten worden. Die Forscher ermittelten Vietnam als Hauptquelle für einige der am stärksten bedrohten Arten. Aus Europa und Nordamerika stammen demnach die meisten Käufer.

Den Autoren zufolge könnten bestimmte Reptilienarten zu den nächsten Opfern der anhaltenden Biodiversitätskrise werden, wenn die Auswirkungen des zwar legalen, aber unregulierten Handels nicht abgemildert werden. Tierschutzorganisationen warnen schon lange vor dem Kauf von Reptilien: Viele Tiere stürben bereits beim Transport oder beim Händler, wildlebende Populationen würden bedroht.

Dem Chinesischen Tigergecko (Goniurosaurus luii) hat der Wildtierhandel in freier Wildbahn den Garaus gemacht.
Foto: APA/dpa/Henning Kaiser

Wilderer nutzen Datenbanken

Zu bedrohten oder neu entdeckten Arten gibt es immer mehr und immer besser zugängliche Daten. Experte warnen Wissenschafter schon seit Jahren davor, Angaben zum Lebensraum solcher Spezies detailliert verfügbar zu machen. Sie würden auch von Wilderern und Schmugglern genutzt. Als ein unrühmliches Beispiel wird häufig der China-Leopardgecko (Goniurosaurus luii) genannt: Nach der ersten wissenschaftlichen Beschreibung starben die Tiere in ihrem Lebensraum binnen Monaten aus. Vor allem der Handel mit den Tieren habe zum Ende der wildlebenden Population geführt, so Experten.

Ähnliche Beispiele dafür, dass Arten innerhalb von Monaten nach einer Publikation über sie erheblich dezimiert oder gar ausgelöscht waren, gebe es viele, hieß es schon vor einiger Zeit im Fachjournal "Science". Oft waren demnach Reptilien betroffen. (red, APA, 5.10.2020)