Die Finanzmarktaufsicht hat die heimischen Geldhäuser einem Corona-Fitness-Check unterzogen und hält sie überwiegend für gesundheitlich robust.

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Wien – Die Finanzmarktaufsicht (FMA) sieht die Zeit nach Auslaufen der Corona-Staatshilfen durchaus dramatisch. Nach Einschätzung der FMA könnte ein Viertel der gestundeten Kredite ausfallen, und auch einzelne Banken könnten der Covid-19-Krise zum Opfer fallen. Diese Krise und ihre Auswirkungen auf die Realwirtschaft werden erst mit Ablaufen der Hilfsmaßnahmen auf den Finanzmarkt durchschlagen, sagte Helmut Ettl, Vorstand der FMA, in der diesjährigen Aufsichtskonferenz.

Um danach einen plötzlichen "Klippeneffekt" zu vermeiden, müssten diese staatlichen Programme schrittweise auslaufen. Das sei "gestundete Zeit", sagte der zweite FMA-Vorstand, Eduard Müller. Die ganz großen Herausforderungen für die Banken und ihre Bilanzen stünden erst bevor.

Corona-Test für Banken

Die österreichische Bankenaufsicht hat quasi einen eigenen Corona-Stresstest veranstaltet. Es geht zwar um Milliarden, aber trotzdem würde sich damit der Anteil der faulen Kredite an den gesamten Krediten aus heutiger Sicht lediglich von zwei auf vier Prozent verdoppeln. Laut Ettl liege man damit dennoch deutlich unter den bis zu 13 Prozent, die in der Finanzkrise abzuschreiben waren.

Banken und Realwirtschaft seien auf Dauer nicht zu entkoppeln. Die Folge seien auch bei den heimischen Banken neuerlich schmerzhafte Einschnitte und Sparprogramme. Weitere Strukturbereinigungen könnten bevorstehen. Ettl schließt nicht aus, dass das eine oder andere Institut aus dem Markt straucheln könnte. 2021, wenn sich die Krise manifestiere, seien in Europa "Marktaustritte" zu erwarten. Die meisten Geldhäuser seien aber viel besser vorbereitet als 2008, als sie Auslöser und Teil des Problems waren. Heute könnten sie einen großen Beitrag zur Lösung zumindest der wirtschaftlichen Herausforderungen leisten.

Die österreichische Finanzmarktstabilität sieht die FMA-Führung aber nicht gefährdet.

Wunden wieder offen

José Manuel Campa, Vorsitzender der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), meint, mit der jetzigen Krise würden bestehende Schwachstellen bei Finanzinstituten verschärft. Allerdings: Hätte die Pandemie die Banken noch vor wenigen Jahren getroffen, wären die Folgen viel schlimmer.

Nach Angaben von FMA-Vorstand Müller verfügten die Banken, "obwohl wir bereits mitten in der Rezession stecken, nach wie vor über 39 Milliarden Euro freier Eigenmittel". Damit könnten sie Verluste absorbieren oder – als Hebel für Kreditvergaben – ein Kreditvolumen von bis zu 300 Milliarden Euro generieren.

Bankraub durch Vorstand?

Die Mattersburger Commerzialbank sieht Ettl nicht als Opfer der Corona-Krise. Die Bank sei nicht pleitegegangen, sondern im Wege erfundener Spareinlagen, fingierter Kredite, Luftbuchungen und Bilanzfälschung "vom eigenen Vorstand ausgeraubt" worden. Die Bankführung habe alle internen Kontroll-, Aufsichts- und Prüfinstanzen über Jahrzehnte ausgehebelt und alle mit falschem Zahlenwerk getäuscht. Dahinter steckte laut FMA beispiellose kriminelle Energie.

Auf Fragen nach den Lehren aus der Causa Commerzialbank verwies FMA-Vorstand Müller unter anderem darauf, dass Schnittstellen verbessert werden müssten. Namentlich zwischen der Bankenaufsicht und der Staatsanwaltschaft. (red, APA, 1.10.2020)