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"Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie zeigen Patienten mit Atopie ein dreifach geringeres Risiko, an einer schweren, durch Covid-19 bedingten Lungenentzündung zu erkranken", sagt Johann Bauer, Vizepräsident der Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie.

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Neueste Studien zeigen interessante Zusammenhänge von Covid-19, Haut und Immunreaktionen. So haben Patienten mit Atopie, also einer erblichen Neigung zu bestimmten allergischen Reaktionen wie etwa Neurodermitis, ein dreifach geringeres Risiko, an einer schweren Covid-19-Lungenentzündung zu erkranken. Auch andere Virusinfektionen betreffen häufig die Haut. Viren als die kleinsten Parasiten können auch in der Therapie genutzt werden, regt die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) an.

Der Covid-19-Erreger Sars-CoV-2 äußert sich auf der Haut – soweit bislang bekannt – mit eher unspezifischen Ausschlägen, Gerinnungsstörungen oder Gefäßentzündungen. Allerdings zeigen erste Studien interessante pathogenetische Zusammenhänge von Covid-19 und Haut. Johann Bauer, Vizepräsident der ÖGDV und Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie am Uniklinikum Salzburg, sagt: "Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie zeigen Patienten mit Atopie ein dreifach geringeres Risiko, an einer schweren, durch Covid-19 bedingten Lungenentzündung zu erkranken."

Schutz durch Botenstoff

Es wird vermutet, dass die bei Atopikern vorhandenen "guten" Zytokine die "bösen" Zytokine beim Zytokinsturm, einer potenziell lebensgefährliche Entgleisung des Immunsystems, zu der es bei Covid-19 in schweren Fällen kommen kann, während der Lungenentzündung abbremsen. "Interessant ist weiters, dass das sogenannte Kawasaki-Syndrom, eine überaus seltene Entzündung der Gefäße bei Kindern, 30-mal häufiger bei Kindern mit einer Covid-19-Infektion auftritt", erklärt Bauer. "Wir vermuten, dass die starke Entzündung bei Covid-19 noch heftiger als sonst auch die Gefäße befallen kann."

Viren sind kleinste Parasiten, die für ihre Vermehrung auf Wirtszellen angewiesen sind. Hier spielt auch die Haut eine Rolle. ÖGDV-Präsident Klemens Rappersberger erklärt: "Infektionen der Haut und Schleimhäute sind häufig und zeigen dabei ein bemerkenswert vielgestaltiges Erscheinungsbild." So führen Herpesviren, die nach einer Infektion lebenslang in unserem Körper bleiben, oft erst nach Jahren zu Folgekrankheiten wie Lippenherpes oder Gürtelrose mit der gefürchteten, weil sehr schmerzhaften Nervenentzündung.

Viren und Krebs

"Humane Papillomviren verursachen nach Infektion nicht nur rasch auftretende manifeste Hautkrankheiten (Warzen an Haut, Genital- und Mundschleimhaut), viel wichtiger ist zu wissen, dass bestimmte Varianten oft nach Jahren und Jahrzehnten zu Krebs an Schleimhäuten führen, vor allem den Geschlechtsorganen", sagt Rappersberger. Zudem erhöht sich die Gefahr "reaktiver", aber auch neuerworbener Virusinfektionen durch moderne immunsuppressive und -modulatorische Therapien bei vielen Hautkrankheiten wie Schuppenflechte, Neurodermitis, Lupus erythematosus und blasenbildenden Autoimmunkrankheiten.

Nicht zu vergessen: Auch neue Viren, die über Reisen oder Importe zu uns kommen, etwa das Zika-, das West-Nil- oder das Hanta-Virus, haben Auswirkungen auf der Haut. Hier braucht es Früherkennung und rechtzeitige sowie konsequente Therapie. "In diesem Zusammenhang sind Fortschritte durch innovative Behandlungsansätze, etwa durch antivirale Medikamente wie Remdesivir, eine präventive Impfung gegen Varicella-Zoster-Viren und humane Papillomaviren von besonderer Relevanz", berichtet Rappersberger.

Viren in der Hautkrebstherapie

Die Fähigkeit von Viren, sich in Wirtszellen einzuschleusen und diese durch die Virusvermehrung aufzulösen, wird auch erfolgreich therapeutisch genutzt. So werden modifizierte Viren für neuartige Verfahren der molekularen Medizin angewandt, um Hautkrebs zu behandeln. "Dabei wird ein reduziert-aktives Herpesvirus eingesetzt, um schwarzen Hautkrebs zu zerstören und eine Immunantwort gegen den Tumor auszulösen", erklärt Christoph Höller, Leiter der Dermato-onkologischen Ambulanz am AKH Wien und Mitglied des ÖGDV-Vorstands.

Retrovirale Vektoren – das sind gezielt veränderte Viruspartikel – werden als sogenannte "Genschiffe" in der Gentherapie bei schweren genetischen Hauterkrankungen eingesetzt, zum Beispiel bei Epidermolysis bullosa (Schmetterlingskinder). Diese Vektoren schleusen Gensequenzen ein, die ein bestimmtes Gen vermissen und damit den geschädigten Zellen ermöglichen, ihre Funktion als Haftsubstanz der Haut wieder zu erfüllen. (red, 9.10.2020)