"Die Vollpension ist wie eine Familie für mich", schwärmt Marianne im Rahmen einer Online-Pressekonferenz am Donnerstag. Marianne ist laut Eigenangaben äußerst kommunikativ und eine der 45 Seniorinnen und Senioren, die im Generationencafé Vollpension arbeiten. Vor fünf Jahren wurde das Lokal in der Wiener Schleifmühlgasse eröffnet. Die Idee dahinter: Alt und Jung zusammenbringen und den älteren Menschen mit der Arbeit im Lokal einen Zusatzverdienst und soziale Kontakte ermöglichen. Das Konzept ging auf, das Café boomte, im Vorjahr wurde im ersten Bezirk in der Johannesgasse eine zweite Filiale eröffnet.

Die Zahlen können sich sehen lassen: Von 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind 45 über 60 Jahre alt, jährlich konnte man 200.000 Gäste (auch viele internationale) verbuchen, pro Standort wurden 90.000 Kuchen und Tortenstücke jährlich verkauft.

Torten von den Omas und Opas gibt's nun auch für daheim.
Foto: Marc Glassner

Dann kam Corona und damit die Probleme. Denn nicht nur dass die Seniorinnen und Senioren zu Risikogruppen gehören, auch das Kurzarbeitsmodell oder AMS-Förderungen sind bei den Pensionistinnen und Pensionisten nicht anwendbar. Dazu kommen weniger soziale Kontakte.

Im Frühling starteten die Betreiber ein Crowdfunding, um über die schwersten Monate zu kommen und im Sommer gelang es, durch ein spezielles Flatrate-Bezahlmodell 50 Prozent des Umsatzes zu retten. Nun gibt es aber wieder Reisewarnungen, neue Auflagen in der Gastronomie und generell herrscht große Unsicherheit. Daher entschloss man sich, ein zweites Standbein für die Vollpension zu schaffen und sie auch ins Internet zu verlegen.

Vollpension

Backademie

Mit der sogenannten "Backademie" soll in Zukunft auch über Online-Kurse Geld hereingespielt werden, das vor allem jenen älteren Vollpension-Mitgliedern zugute kommen soll, die von Altersarmut betroffen sind. Und es werden damit zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen, da wegen der geringen Auslastung des Cafés weniger Menschen dort beschäftigt werden können.

Im retro eingerichteten Backstudio im sechsten Bezirk wurde in den vergangenen Wochen intensiv gedreht und ein Kursangebot zusammengestellt: einerseits wird es gratis Youtube-Kurse (Omas Back 1x1) geben, andererseits On-Demand-Backkurse, die unter dem Namen "OMAsterclass"laufen. Derzeit bereits abrufbar sind "Perlen der Wiener Mehlspeiskunst" (12 Rezepte, mehr als 3 Stunden Content).

Dann folgen "Omas vegane Kuchen" (18 Videos) und schließlich "Weihnachtskekse von der der Oma" (15 Videos). Ebenfalls möglich ist das Buchen eines Live-Backkurses, bei dem auf Wünsche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt reagiert werden kann.

OMAstaclass "Perlen der Wiener Mehlspeiskunst".
Foto: Marc Glassner

Als weitere Einnahmequelle wurde ein Webshop bestückt, in dem Produkte rund ums Backen gelistet sind – dazu hat man unter anderem die Firma Riess als Partner ins Boot geholt und bietet einzelne Backutensilien, aber auch Sets wie das "Oma-Apfelstrudel-Package", bestehend aus Emaille-Backform, Schneebesen und Teigschaber, an.

In Wien kann man sich seit Donnerstag auch Kuchen und Torten aus der Vollpension zustellen lassen. Die Nachfrage habe schon länger bestanden, erklärte Mitbetreiber Moriz Piffl-Percevic. Die Kapazitäten hätten das vor Corona aber nicht zugelassen, denn die Kuchen seien für die Lokale gebraucht worden. Nun, mit weniger Gästen und dem vorübergehend geschlossenen Lokal im ersten Bezirk, sei das möglich geworden. (ped, 2.10.2020)