Sufjan Stevens – ein besseres Amerika ist möglich.

Foto: Chris Pizzello

Eines kann man Sufjan Stevens nicht vorwerfen: dass er sich von der Hysterie der politisch gespaltenen USA hinreißen ließe. Die Aufregung des Wahlkampfs ist seinem neuen Album The Ascension nicht anzumerken, nicht einmal die fundamentale Ablehnung, die dem US-Präsidenten aus Stevens' Home-Turf entgegenschlägt.

Der 45-jährige Musiker wohnt standesgemäß in Brooklyn, New York, und ist dort so eine Art Star von nebenan in einer daran nicht armen Nachbarschaft. Trotz aller Nichtaufregung ist The Ascension ein politisches Statement.

Die Abneigung gegenüber Trump und allem, wofür er steht, schlägt sich in einer Form niederschwelliger, na ja, Weisheit nieder. Stevens bemüht sich in seiner elektronischen Folk-Music, in langen Balladen darum, etwas zu vermitteln, was Alexander Van der Bellen mit "So sind wir nicht" beschrieben hat. Er arbeitet sich nicht direkt am ungeliebten Potus ab, vielmehr versucht er, die Nichtwähler mit der Schönheit seiner Musik daran zu erinnern, dass es besser laufen könnte, wenn der andere alte Knacker gewinnen würde.

Sufjan Stevens

Wenn Stevens also "I am the future" oder "I wanna die happy" singt, dann ist das trotz der anämischen Ästhetik so etwas wie eine Kampfansage – natürlich eine gewaltlose. Vielerorts gilt The Ascension jetzt schon als Opus magnum des seit über 20 Jahren aktiven Musikers. Das stimmt auf jeden Fall, wenn man die 80 Minuten Spieldauer des Werks in Betracht zieht. So lange nimmt Stevens sich Zeit für 15 Songs – und die mäandern beträchtlich. Zumal Stevens Gesang eher ein Hauchen ist und stellenweise noch ins Sächliche auto-tuned.

Ob er damit in den Swing-States reüssieren kann, muss bezweifelt werden. Schließlich wird dort so etwas wie der finale, zwölfminütige Song America wahrscheinlich wie ein Buch betrachtet: als Zeitverschwendung. Jene, die an das gute Amerika glauben wollen, können mit großer Wehmut darin versinken. (Karl Fluch, 2.10.2020)