U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka lehnt seinen Rücktritt ab und sieht sich auch nicht befangen.

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Wenn es politisch blitzt und donnert, dann blüht Wolfgang Sobotka (ÖVP) erst auf. So beschreibt zumindest ein Weggefährte die Persönlichkeit des Nationalratspräsidenten. Wenn die Beschreibung stimmt, hat Sobotka gerade Spaß. Denn alle Parteien abseits der ÖVP schießen sich auf Sobotka ein. Der Grund dafür liegt in Sobotkas Beziehung zum Glücksspielkonzern Novomatic, der wiederum im Ibiza-Ausschuss eine zentrale Rolle spielt. Und dem sitzt Sobotka ja bekanntlich vor.

Rücktrittsforderungen gegen Sobotka gab es schon seit dem Beginn des U-Ausschusses, als erstmals bekannt wurde, dass das von ihm gegründete Alois-Mock-Institut für Inserate in dessen "Mock-Report" Geld von der Novomatic bekam.

Das war, so die Opposition, aber nur die Spitze des Eisbergs. Ein Bericht des Wirtschaftsexperten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ergab nun viele neue Erkenntnisse. Auf 56 Seiten (ohne Beilagen) wurden Geldflüsse der Novomatic an das Mock-Institut unter die Lupe genommen.

Schon ein Jahr nach der Gründung des Instituts 2012 unterstützte Novomatic den Verein tatkräftig: 30.000 Euro für "Kostenersatz", wird in Novomatic-eigenen Unterlagen notiert. Es folgten 20.000 und 10.000 Euro. Im April 2016 verließ Sobotka St. Pölten: Der Finanzlandesrat wurde Innenminister.

Sponsoring fürs Orchester

Statt "Kostenersatz" gab es dann genauere Abrechnungen, insgesamt notierte die Novomatic für die Jahre 2016 bis 2019 exakt 48.934 Euro.

Dem Wirtschaftsexperten der WKStA fielen aber noch mehr Details auf: etwa dass Novomatic ab Juni 2019 auch das Kammerorchester Waidhofen sponserte, vorerst einmal mit 8.000 Euro. Dessen regelmäßiger Dirigent: Sobotka.

Und wie kam es, dass die Novomatic den Vortrag eines Politikberaters bezahlte, den der am 13. März 2017 für den niederösterreichischen ÖAAB (NÖAAB) gehalten hatte? Der Berater erklärt die Genesis der Geschichte so: Er sei vom NÖAAB zu der Veranstaltung eingeladen worden. Unter dem Vortragstitel "Die neuen Prinzipien erfolgreicher Politik" habe er zehn Thesen präsentiert, stattgefunden hat das im Haus 2.1 in St. Pölten. "Irgendjemand vom NÖAAB muss mir gesagt haben, dass ich die Rechnung an die Novomatic stellen soll", erinnert er sich nur schwach an das weitere Vorgehen, es sei zwar die Ausnahme, komme aber vor, dass solche Vorträge gesponsert und vom Sponsor bezahlt würden. Er habe verlangt, dass das ausgewiesen werden müsse.

Und wie begründet der Glücksspielkonzern die Angelegenheit? Novomatic habe "die Veranstaltung … in der Höhe von 2.400 Euro unterstützt, wofür im Gegenzug u. a. das Logo der Novomatic platziert wurde". Novomatic sei nicht der einzige Kooperationspartner gewesen und wolle als großer Arbeitgeber auch beim NÖAAB präsent sein. Laut ÖVP Niederösterreich war der Betrag unter den Meldepflichten für den Rechnungshofbericht.

Die WKStA hat jedenfalls schon einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien geschickt. Über dessen Inhalt, also Aufnahme von Ermittlungen oder Zurücklegung der Anzeige, wird die Öffentlichkeit nicht informiert. Allerdings: Die Causa wird wohl zurückgelegt werden, strafrechtliche Ermittlungen dürften nicht folgen.

Darauf deutet zum einen die Geschwindigkeit hin, in der die WKStA ihren Vorhabensbericht erstellt und abgeschickt hat. Anders gesagt: Hätten die Ermittler Hinweise, dass mehr hinter der Sache steckt, würden sie länger für die Anfangsverdachtsprüfung brauchen.

Eher kein Strafverfahren

Aus den Erkenntnissen des Wirtschaftsexperten erschließen sich Gründe für eine allfällige Zurücklegung der Anzeige. Bei den atypisch hohen Zahlungen der Jahre 2014 und 2015 – einmal exakt 30.000, einmal exakt 20.000 Euro – vermisst der Experte konkrete Leistungsverzeichnisse, zudem fielen ihm die "auffallend runden" Beträge auf.

Eine direkte Verbindung der Zahlungen zu einem konkreten Amtsgeschäft, die Voraussetzung für Korruption ist, dürfte sich auch nicht herstellen lassen. Und selbst wenn das der Fall (gewesen) wäre: Die Sache wäre verjährt. Der "Kostenersatz" aus dem Jahr 2016, die 10.000 Euro, entsprechen ungefähr den Kosten für Catering und Ähnliches, die in den Jahren darauf übernommen wurden. Kurzum: kein Anfangsverdacht, keine Ermittlungen.

Die Frage, ob Sobotka, der als Auskunftsperson in dieser Angelegenheit sagte, es habe "nie" so etwas wie Spenden oder Sponsoring gegeben, damit die Wahrheit gesagt hat, bleibt offen. Er selbst lässt von Sprechern ausrichten, das sei die Wahrheit, die Opposition sieht es anders. Das Mock-Institut sagt dazu: "Die in diversen Foren genannten Summen, welche angeblich an das Alois-Mock-Institut überwiesen wurden, werden seitens des Instituts entschieden zurückgewiesen." Es handle sich um Novomatic-interne Verrechnungen, die "mit direkten Zahlungen an das Institut vermischt werden" dürften. In der ÖVP gibt es jedenfalls keinen Druck auf Sobotka. Ausgeschert ist der EU-Abgeordnete Othmar Karas. Er verbreitete ein Zitat von Alois Mock: "Am Ende lohnt es sich, anständig und korrekt zu bleiben." (Renate Graber, Fabian Schmid, 1.10.2020)