Die griechische Regierung managt im Moment gleichzeitig mehrere Krisen: den Konflikt mit der Türkei um Seegrenzen und Erdgasvorkommen, die Covid-19-Pandemie und die Versorgung von Flüchtlingen, die durch Brandstiftung in einem Lager auf Lesbos obdachlos geworden sind. Athen macht das effizient, diplomatisch und schnell.

So hat die Regierung etwa das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR beauftragt, auf Lesbos in Kara Tepe ein neues Lager zu bauen, was innerhalb von ein paar Tagen bewerkstelligt wurde. Die ehemals Obdachlosen haben wieder ein Dach über dem Kopf und werden versorgt. Obwohl Kara Tepe nur ein Notfalllager ist, war die Situation vergangenen Winter im Lager Moria, als doppelt so viele Leute da waren und die Kinder Kälte und Müll ausgesetzt waren, schlimmer als jetzt.

Besonders rasch war man bei der Eindämmung der Pandemie im neuen Camp. Alle wurden getestet und Infizierte unter Quarantäne gestellt. Diese Leistung ist anzuerkennen. Insgesamt ist in Griechenland die Anzahl der durch Covid-19 verstorbenen Personen prozentuell geringer als in Westeuropa.

Die griechische Regierung hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR beauftragt, auf Lesbos in Kara Tepe ein neues Lager zu bauen.
Foto: AFP/MANOLIS LAGOUTARIS

Bei dem Brand in Moria ist niemand ums Leben gekommen. Wäre das in Österreich so passiert, hätte man ein "Großer Gott, wir loben dich" angestimmt. Doch im Fall von Lesbos meldeten sich von überallher Interessenvertreter zu Wort und verteilten "gute" Ratschläge, was wann und wie zu tun sei, was einigermaßen bevormundend war. Vor allem war es unnötig, weil das in Griechenland niemanden interessierte. Man hatte schließlich damit zu tun, die Krise zu managen.

Geordnete Bahnen

Zentral ist für die Griechen, richtige Botschaften zu senden. Flüchtlinge sollten nicht denken, dass sie aufs Festland oder nach Deutschland gelangen könnten, wenn sie Camps anzünden. Kontraproduktiv waren und sind deshalb bis heute Evakuierungsrufe aus EU-Staaten oder von Hilfsorganisationen, weil sie den Anstrengungen der Behörden zuwider laufen, die Dinge in geordnete Bahnen zu lenken.

Prinzipiell ist es für die griechische Administration hilfreich, wenn andere EU-Staaten Geflüchtete aufnehmen, um das System zu entlasten. Athen hat aber beschlossen, Leute von mehreren Inseln nach Deutschland zu schicken, das bereit ist, 1500 Flüchtlinge aufzunehmen, um keinen Zusammenhang zwischen dem Brand in dem Lager auf Lesbos und diesen Umsiedlungen herzustellen. Diesen Zusammenhang sollten alle vermeiden – weil alles andere die falsche Botschaft inkludieren würde. Das Lager in Moria gibt es nun schon lange nicht mehr, und es muss auch nicht evakuiert werden.

Manchen Hilfsorganisationen war offenbar sogar ihre eigene politische Agenda wichtiger als der Schutz der Menschen, als sie etwa dem UNHCR Verrat vorwarfen, dass dieser dabei half, das neue Camp zu bauen. Wichtig wäre, die professionellen Organisationen und Behörden in Ruhe arbeiten zu lassen. Ihnen ist auch zuzutrauen, dass sie wissen, wo und wann sie Hilfslieferungen – wie die 400 Zelte aus Österreich – einsetzen. Zu einer echten Hilfsbereitschaft gehört nämlich Respekt. (Adelheid Wölfl, 2.10.2020)