Anfang Februar wurden drei Autoren mit einem Preis bedacht: Die Ärztin Natalie Grams (Buch: "Was wirklich wirkt"), der Physiker Florian Aigner ("Die Schwerkraft ist kein Bauchgefühl") und der Inititiator der Stiftung Gurutest, Christian Kreil ("Fakemedizin"). Wofür gab es den Preis? Für die Verbreitung "wissenschaftlichen Unsinns". Vergeben wurde der Award von drei homöopathischen Ärztevereinigungen. Auf eine Einladung zur Übergabe des Preises samt der Möglichkeit zu einer obligaten Dankesrede warten die drei glücklichen Unwissenschafter bislang vergeblich. Damit ich meine Dankesrede nicht umsonst geschrieben habe, veröffentliche ich sie hier:  

Dankesrede von Mag. Christian Kreil

"'Ich habe nichts gegen ganzheitliche Medizin. Mir gefallen nur die Homöopathen nicht, die sie für sich alleine in Anspruch nehmen.' Mit diesem etwas provokantem Aphorismus, sehr geehrte Damen und Herren, erlaube ich mir, meine Dankesrede zu eröffnen.

Werte Mitglieder der Akademien der Homöopathie, werte Kämpfer gegen wissenschaftlichen Unsinn, werte Rohglobuli-Hersteller und Fläschchen-Etikettierer: Danke für die 'Auszeichnung für wissenschaftlichen Unsinn', den ich deswegen hier verbreiten kann, weil Sie sich ihn aus dem Ärmel schütteln. Denn ohne Ihre Ausführungen und vor allem: ohne ihre blühende Fantasie beim Beschriften der Etiketten für jene homöopathischen Medizinen, die uns der Apotheker mit lachendem Gesicht über den Tresen schiebt, wäre mir das gar nicht möglich. Wie leer blieben die Zeilen in den Kolumnen des Chronisten und Preisträgers, wären die Lager der Hersteller nicht prall gefüllt mit den Elixieren aus Gottes Garten und Teufels Müllkippe, den Elixieren, die allesamt drauf warten, ordentlich durchgeschüttelt zu werden.

Eine Medizin, befreit von der Geisel der Evidenz

Zurück zu meinem Anfangszitat, zurück zur ganzheitlichen Medizin, der Sie im Wort sind, und der ich eine Gasse schlagen will in dieser meiner Dankesrede. Lassen sie mich ganz offen sein: So sehr ich den Einsatz der Homöopathie für eine Medizin schätze, die sich aus der Geiselhaft der Evidenz befreit hat, so sehr vermisse ich das Bekenntnis zum ganzheitlichen, feinstofflichen Ansatz in der täglichen Praxis. Lassen Sie es mich so formulieren: Hat die Homöopathie aus den Augen verloren, dass es neben ihr und ihrer materiell-zuckersüßen stofflichen Gabe eine Reihe weiterer Disziplinen, Schulen und Praktiken der Alternativmedizin gibt, die den hehren Anspruch auf Unwissenschaftlichkeit in nicht minderem Ausmaß hochzuhalten bereit sind? Droht hier gar ein Schrebergartendenken, in dem man geneigt ist, andere in den Schatten zu stellen, just am metaphorischen Abend, an dem wir stolz auf unseren langen Schatten sind?  

Ein Preis mit viel Aura, Strahlung und Energie.
Foto: istockphoto.com/de/portfolio/romolotavani

Sind wir gefangen in der Stofflichkeit von Cola Light und Hundescheisse?

Sind wir Homöopathen und Freunde der Homöopathie gar gefangen in der Welt der Stofflichkeit, in der sich alles um das Trägermaterial Saccharose und Urtinkturen aus Dieselabgasen, Cola Light, Alpenlachs, Beton und Hundescheiße dreht, allessamt Stoffe, die es uns erlauben, dick aufzutragen? Vergessen wir bei allem Stolz auf den Hauch dieser wunderbaren Substanzen in den Phiolen der Homöopathen nicht, was abseits der Medikation in der feinstofflichen Heilkunde von Wert ist, in Anamnese, Diagnostik, Pathologie, Therapie. Verlieren wir nicht aus den Augen, was eine Bündelung der schamanischen Kräfte auch aus ökonomischer Sicht für unsere belasteten Gesundheitssysteme bedeuten könnte? 

Denn eine Medizin ohne Labore, überbezahlte Primare, teure Operationssäle, Intensivbetten und milliardenschwere Pharmariesen, sie ist möglich. Lassen Sie mich das kurz skizzieren. Lassen Sie mich ein paar "Hidden Champions" der feinstofflichen Heilkunde vor den Vorhang holen, nicht zu dem Zwecke, die elementare Bedeutung der Homöopathie für das Geleit der Patienten durch die Irr- und Narrengarten der Scharlatanerien infrage zu stellen oder zu relativieren, sondern um darauf zu besinnen, dass man nur der Nabel einer Medizin sein kann, wenn man vorne und hinten nicht verwechselt. 

Lasst uns ein paar "Hidden Champs" vor den Vorhang holen? 

Die Kollegen der Bioresonanz-Technologie fristen trotz großer Bemühungen der Scientology-Glaubensgemeinschaft immer noch ein Schattendasein in der Welt der Alternativmedizin. Dabei sind diese wunderbaren Apparaturen geeignet, alle Labore samt sauteurer Analysegerätschaften ersetzen zu können, und das alles ohne die Abnahme von Blut und Harn, minutenschnell, unkompliziert. Und das beste: In eventu einer Krankheit brummt uns das Bioresonanz-Kästchen im Inversmodus einfach eine mit Bedacht gewählte Heilfrequenz zurück in unseren Körper.

Oder denken wir nur an unseren Freund Braco mit dem "gebenden Blick". Macht uns der "Instant-Jesus der Generation Yogamatte" nicht in geradezu wunderbarer Weise das Wesen der Homöopathie bewusst und wie viel das Nichts sein kann? Wen Bracos doofgeiler Blick streift, dem friert nicht nur das Lachen ein, der ist vermutlich auch geimpft gegen Kinderlähmung, Masern, Corona und jedweden anderen Unbill. 

Hunderte Menschen am Tag kurierte der unermüdliche Heiler Joao de Deus auf seiner brasilianischen Ranch, und das alles im Vorbeigehen. Welche Perspektiven bieten Heiler wie de Deus? Haben wir es verabsäumt, ganzheitliche Novizen von ihm ausbilden zu lassen und in den Kliniken des Landes zu postieren, die - notabene - alsbald unnötig würden, samt ihrer Götter in Weiß. 

Christian Kreil wurde mit dem prestigeträchtigen Preis der Homöopathen ausgezeichnet.
Foto: Helmut Daucher

Aurachirurgie, damit wir uns die Finger nicht schmutzig machen!

Wer nun die Stimme erhebt, um anzumerken, dass eine Welt ohne invasive Medizin noch nicht denkbar sei: Haben wir auf die Aurachirurgen vergessen, die behände zu Werke gehen in der Nähe kranker Organe? Viel zu wenig Beachtung finden Mediziner, die dieser unblutigen Praxis nachgehen. In Wien gibt es mit Eva Polleres nur eine Ärztin, die sich dieser sanften Spielart der Chirurgie verschrieben hat, die im "elektromagnetischen bzw. feinstofflichen Feld unseres Körpers" stattfindet. Da mögen die Vertreter der verschulten Medizin unken: Was Operationen betrifft, ist knapp außerhalb auch weit daneben. Wir begegnen dem: Da macht sich keiner die Finger schmutzig bei der Reparatur von Leber, Darm und Milz und teure Operationssäle sind fortan unnötig. Lassen wir derlei Vordenker nicht allzu sehr alleine?    

Lassen Sie uns an jene wackeren Ärzte denken, die Homöopathie weiter denken. An den Zillertaler Arzt Robert Altrichter zum Beispiel, der dem unseligen Coronavirus mit ein paar Symbolen und der richtigen Kombination von Zahlen zu Leibe zu rücken empfahl. Er mag ein Einzelkämpfer sein mit seiner Methode und doch verdient er unsere Beachtung. Wer von uns rückte aus, ihn zu verteidigen gegen die Häme der Skeptiker samt deren selbstverliebtem Beharren auf den Hausverstand? 

Ärztliche Tipps zur Virenabwehr

Denken wir an den Wiener Arzt Michael Pani, der Kranken empfahl, wundersame Mirabilis-Fläschchen vor die Brust zu halten im Sinne einer neuen und von ihm entwickelten "Informationsmedizin", die ganz ohne Nebenwirkungen auszukommen vermag und doch Viren, Bakterien und Pilze zu verstauben verspricht. Wer sprang dem innovativen Medicus bei, als die Stiftung Gurutest die Heilkunst des wohlmeinenden und vom Geist des lege artis bewegten Arzt in Frage zu stellen wagte? Just verschwanden Heilversprechen und ein Webshop samt der Zauberfläschchen des Arztes. Mochte die Zeit noch nicht reif gewesen sein für derlei Medizin, oder verzichteten wir Homöopathen und Freunde der Homöopathie auf den nötigen Beistand für einen Bruder im Geiste des Undenkbaren?  

Ich habe, werte Akademie, nur ein paar Beispiel ausgewählt, von Vorreitern für eine neue, innovative und ganzheitliche Medizin, die sich den Idealen der Unwissenschaftlichkeit verschrieben haben, wie ich und wie Sie, meine Damen und Herren des medizinisch angewandten Streuselzuckers. Wir Homöopathen und Freunde der Homöopathie, wir führen den Zug der Voraufklärung nicht nur an, wir tragen auch stolz das Banner einer Heilkunst, die sich dem Ungeist von Wirksamkeit und Evidenz kühn und ganzheitlich verweigert. Doch es liegt an uns Homöopathen und Freunden der Homöopathie, vielen anderen Brüdern und Schwestern im Ungeist, die noch abseits stehen oder stehen müssen, Mut zu machen und sie einzuladen, sich unserem Spielmannszug der Unwissenschaftlichkeit anzuschließen. Rufen wir ihnen zu: "Kollegen lasst das Glotzen sein, schüttelt mit und reiht Euch ein."

Damit schließe ich, bedanke mich und ein Scherzerl zum Abschluss erlaube ich mir auch noch: Was ich beim Hereingehen gesehen habe, ist das Buffet alles andere als homöopathischer Natur." (Christian Kreil, 25.2.2021)

Christian Kreil bloggt seit drei Jahren rund um Esoterik, Verschwörungsplauderei und Pseudomedizin. Soeben erschien sein Buch "Fakemedizin".

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