Twitch will von seinem Ex-Star "Dr. Disrespect" nichts mehr wissen.

Foto: Dr. Disrespect

Vor wenigen Monaten noch der größte Star und nun Staatsfeind Nummer eins: "Dr. Disrespect", der mit bürgerlichem Namen Guy Beahm heißt, war früher der Poster Boy von Twitch, Amazons populärer Streamingplattform. Regelmäßig zog der US-Amerikaner zehntausende Zuschauer an und wurde mit Preisen und Sponsorengeld überschüttet. Dann kam der plötzliche Riss zwischen Twitch und Beahm: Von einem Tag auf den anderen wollte die Plattform nichts mehr von dem "Doc" wissen.

Bereits einmal gesperrt

Seither herrscht Rätselraten darüber, was konkret vorgefallen ist. "Dr. Disrespect" wurde einmal bereits gesperrt, weil er im vergangenen Jahr auf der Spielemesse E3 auf der Toilette gefilmt hatte. In Kalifornien, wo das Event stattfand, ist dies eine Straftat. Twitch sperrte ihn kurzerhand für eine Woche. Allzu reumütig zeigte sich der Streamer aber nicht, schließlich verkörpert er in seinen Streams den Macho, der nicht verlieren und zurückstecken kann.

Tyvan TV

Verschwörungstheorien verbreitet

Nach seiner Auszeit setzte der Streamer seine Arbeit wie gewohnt fort. Im Zuge der Corona-Krise verbreitete er während seiner Streams dann mehrmals Verschwörungstheorien – ob als Satire oder aus Überzeugung, ist nicht bekannt. So spielte er ein Video ab, in dem ein Zusammenhang zwischen 5G und der Verbreitung des Virus hergestellt wird. Vor seiner Sperre lobte er dann auch noch den britischen Verschwörungstheoretiker und Holocaust-Leugner David Icke.

Twitch Life

Rechtliche Schritte angekündigt

Nach dem wohl dauerhaften Bann ging Twitch auf Tauchstation. Die Plattform betonte lediglich, dass sich alle Streamer – egal welche Relevanz und Reichweite sie haben – sich an die Regeln halten müssten. "Dr. Disrespect" betonte zugleich immer wieder, dass er nicht wisse, wieso er gesperrt wurde. In Interviews wurden dann auch rechtliche Schritte angekündigt. Erst kürzlich sagte der ehemalige Twitch-Star, dass die Sperre an ihm nage.

Bei Turnier mit Ex-Kollegen unterhalten

Mittlerweile zeigt sich der "Doc" auf Youtube, wo bei Zehntausende bei seinen Streams dabei sind. Kürzlich nahm der ehemalige Level-Designer auch an einem Turnier rund um den Shooter Call of Duty: Modern Warfare teil. Dabei traf er auf ehemalige Twitch-Kollegen, mit denen er sich auch während des Streams unterhielt – für die Plattform offenbar ein gröberes Vergehen.

Twitch verschärfte Regeln kurzerhand

Kurzerhand verschärfte Twitch sogar die eigenen Regeln. Die Plattform verbietet nämlich Kontakten vor laufender Kamera mit einem gesperrten User. Streamern ist es laut den Regeln verboten, den eigenen Kanal zu nutzen, um "wissentlich einen gesperrten Benutzer zu präsentieren oder zu bewerben". Sollte man unabsichtlich auf einen gesperrten Nutzer treffen, müssen sich die User darum bemühen, diesen "aus der Übertragung zu entfernen" beziehungsweise stummzuschalten, oder die Interaktion anderweitig einschränken.

Foto: Screenshot/Gamestandard

Sperre, wenn man sich mit "Doc" unterhält

Bereits zuvor war diese Regel in Kraft. Nun wurde sie aber im Zuge des Turniers und des Zusammentreffens mit "Dr. Disrespect" nachgebessert. Kommt man dem Regelwerk nicht nach, droht jetzt im schlimmsten Fall eine Sperre des eigenen Kanals. Die neuen Regeln sind seit dem 25. September in Kraft – darin wird nicht konkret auf den ehemaligen Twitch-Star eingegangen, obwohl dieser mit Sicherheit Auslöser der Verschärfung war.

Streamer wird von bekannter Agentur vertreten

Die Auseinandersetzung dürfte sich somit im Hintergrund fortsetzen. Der Streamer dürfte einige rechtliche Geschütze im Köcher haben, da er von der Talentagentur CAA vertreten wird, die mehr als 3.400 Klienten aufweisen – darunter etliche Hollywood-Stars. Finanziell dürfte "Dr. Disrespect" ohnehin ausgesorgt haben. Auch auf Youtube trudeln fast im Sekundentakt Spenden und kostenpflichtige Abonnements ein.

DrDisRespect

Bedeutung von Streamern wächst und wächst

Streamer sind für die milliardenschwere Videospieleindustrie zu den wichtigsten Marketingwerkzeugen geworden. Publisher wie EA und Ubisoft investieren viel Geld, damit die Stars aus dem Netz für ein paar Stunden ein Game vor laufender Kamera nutzen. Das führt zumeist dazu, dass ein Spiel zumindest kurzfristig riesige Aufmerksamkeit erhält. Die wichtigste Plattform ist Twitch. Microsoft versuchte mit Mixer einen Konkurrenten aufzubauen und scheiterte kläglich. Am Status quo wird sich so schnell also nichts ändern. (dk, 2.10.2020)