Um ein Haar hätte der rote Karmann-Ghia auf der Kreuzung ein anderes Auto abgeschossen. Mit quietschenden Reifen und ausbrechendem Heck biegt er nach links ab, gegen die Einbahn, kollidiert fast mit drei weiteren Wagen – auf dem Radweg presst ein fetter Porsche-SUV an der Szenerie vorbei. Gleich daneben lehnt Ernst Bernsteiner, im Schatten eines Baumes an einer Friedhofsmauer und schaut gelassen. Es ist sein rund 50 Jahre alter Karmann-Ghia der sich da fast aufgearbeitet hätte.

Der rote Karmann-Ghia, wieder heil in der Garage von Ernst Bernsteiner.
Foto: Guido Gluschitsch

"Schnitt, danke! Alles wieder auf Anfang." Der schwarze SUV, auf dem eine Kamera montiert ist, beginnt zurückzusetzen, der rote Oldtimer dreht um und Ernstl – so nennt ihn jeder am Set – stößt sich lässig von der Mauer ab und sagt: "Wo war ich? Ach ja, wir haben den Ferrari fertig aufgeladen gehabt und fuhren mit dem maroden Abschleppwagen zurück nach Wien."

Ernst Bernsteiner ist ein Unikat. Wie einige seiner Autos auch.
Foto: Guido Gluschitsch

Ernst Bernsteiner hat im Süden von Wien und Umgebung mehrere Garagen in denen seine Autos stehen. Wieviele? "Ausreichend." Oldtimer, Skurrilitäten, Polizeiautos und auch Abschleppwagen. Viele seiner mobilen Schätze verleiht er an Filmproduktionen, wie eben gerade den Karmann-Ghia für den Fernseh-Krimi "Blind ermittelt", den gerade ein Stuntman fährt.

Das Ladegerät

Doch zurück zur Geschichte vom Ferrari auf dem Abschleppwagen, bei dem auf einmal, mit einem lauten Knall die Riemenscheibe gebrochen ist: "Keine Servolenkung, keine Ladung, kein Weiterfahren. Da ist mir eingefallen, ich habe unterm Sitz noch ein fünf Meter langes Starterkabel vom Lkw, und wir hinten einen Ferrari drauf, der anspringt und eine Batterie haben müsste." Also startete er den Ferrari, legte das Ladekabel vom Italiener durchs offene Fenster des Abschleppwagens und dort in den Fußraum, wo die Batterie ist. "Er lenkte zwar noch schwer, aber er lud wieder. So samma heim gefahren. Mit dem teuersten Ladegerät aller Zeiten."

Ernstl in seiner Garage. Ja, auf der Decke hängen einige High-Riser. (Früher stand das Bonanzaräder, aber nach Schimpf von den Postern, hab ich das geändert. Anm.)
Foto: Guido Gluschitsch

Ernstls Meisterstück war aber ein anders. Es ist schon ein paar Jahre aus, dass er sich, bei einer Versteigerung, einen von der Bestattung Wien ausrangierten VW-Bus Baujahr 1958 kaufte. "Viel war nicht zu machen. Ich hab ihn tiefer gelegt und neu beschriftet", erzählt er. Dann ist er in das nächste Fachgeschäft gefahren um dort ein paar Sexpuppen zu kaufen. Die hatten aber nur zwei im Regal, Ernstl brauchte gut zwanzig Stück.

Die "Begattung Wien" hat der Ernst ein zweites Mal gebaut, für den Besuch einer Oldtimermesse, da aber mit einem fetten Ami-Leichenwagen.
Foto: Ernst Bernsteiner

Die legte er dann hinten auf die Ladefläche, so dass man sie durch die Glasscheiben, durch die man normalerweise auf die schöne Leich schaute, bewundern konnte. Logisch, denn die Beschriftung hatte er auf "Begattung Wien" geändert.

Selbsterklärendes Bild...
Foto: Guido Gluschitsch

Es ist unnötig zu erwähnen, dass er die erste Puppe mit Druckluft und zwölf bar aufgeblasen hat. "An Poscher hats gemacht – Oberschenkelbruch." Ebenfalls unnötig zu erwähnen ist, dass er die Puppe natürlich reklamiert hat und eine neue bekam.

Ein weiteres Filmauto.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Ernstl ist halt ein Mann der Tat. Und wenn er ein Auto sieht, das er in ein paar Tagen für einen Dreh braucht, dann fährt er halt solange hinten nach, bis der Lenker damit stehen bleibt. Wie damals bei einem Rover: "Ich bin rausghupft, zu dem Fahrer hin und hab ihm gesagt, dass ich sein Auto brauche". Und er bekam ihn.

Der Rolls hat fette Walzen statt normaler Reifen, kein Wunder, fuhr der auch schon als Pace Car auf der Rennstrecke. Rechts daneben ein weiteres der Gustostückerl vom Ernst, schon mit dem Disastercars-Logo.
Foto: Guido Gluschitsch

Skurille Autokäufe gibt es gleich mehrere beim Ernstl: "Ich hab eines Abends ein Auto zugestellt, irgendwo in Groß-Enzersdorf, und hätte abgeholt worden sollen. Dem Fahrer ging aber das Auto ein und ich bin auf einmal mit meinen blauen Nummertafeln im Nichts gestanden." Ernstl ging in Richtung Licht und kam bei einer Tankstelle an. "Da ist ein Audi 100 gestanden, um 900er, und ein Opel Corsa um 350 Euro."

Bei den Autos vom Ernstl ist es wichtig, auf alle Details zu achten.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Ernstl ist also rein und hat nur gefragt, "Fahrt das? Dann nehm ich ihn um 300 Euro mit". Verkauft war der Opel. "Die blauen Nummern drauf und bin schon damit heim gefahren." Zwei, drei Wochen später hat das Auto in einem Film sogar einen Rolle gehabt und ein bisserl Geld verdient. "Danach hab ich ihn um 400er verkauft."

Das Lieblingsradl vom Ernst Bernsteiner.
Foto: Guido Gluschitsch

Rotzige Japaner

Weder Ferraris noch Opel zählen zu den Autos, für die das Herz vom Ernst Bernsteiner wirklich schlägt. Er steht auf Exoten. Japaner, die bei uns kaum jemand kennt. Kleine Autos, die nach mehr aussehen. Wie der Mitsuoka, der wie ein zu heiß gewaschener Jaguar ausschaut, und von einem Nissan-Micra-Motor angetrieben wird.

Der Mitsuoka schaut auf den ersten Blick wie ein zu heiß gewaschener Jaguar aus. Und immer mit dabei ist Arnie am Rücksitz.
Foto: Guido Gluschitsch

Sein Mitsuoka ist der einzige mit Wurzelholz am Armaturenbrett – der Wagen wurde damals als Messeauto vom Werk aufgebaut, verschwand lange und tauchte irgendwann beim Ernstl wieder auf – und mit Arnold Schwarzenegger am Rücksitz. Ein Bild seines Kopfes hat der Ernstl auf die hintere Kopfstütze geklebt.

Achten Sie wieder auf die Details. Ich sag nur Rückspiegel und Nummerntafelhalterung.
Foto: Guido Gluschitsch

Auch typisch für seine Autos, sind die plüschigen Überzieher auf den Rückspiegeln. Noch so ein Spleen.

Der Pao ist eines der Lieblingsautos vom Ernstl.
Foto: Guido Gluschitsch

"Ich hab immer die Leute bewundert, die sich um 10.000 Euro einen Golf kaufen und dann 10.000 Euro investieren damit er nicht mehr ausschaut wie ein Golf. Da kann ich mir in Japan einen Cube um vier Tausender kaufen und hab dann den einzigen."

Was ausschaut wie ein zu kleiner VW Bus ist in Wirklichkeit ein Japaner.
Foto: Guido Gluschitsch

"Die Japaner haben so viele lustige Autos." Den Pao zum Beispiel, ein Kleinwagen, ebenfalls mit einem Motor des Nissan Micra, mit 1000 Kubikzentimeter Hubraum und 50 PS Leistung. Oder den Subaru Sambar, der, wenn er aus Japan kommt, schon aussieht wie ein VW-Bus aus den 1950ern – nur viel, viel kleiner und ohne Sexpuppen im Heck. Dort hat er entweder, als für Europa gebautes Auto, einen Dreizylinder mit 1200, oder für den Heimmarkt, einen Vierzylinder mit 600 Kubikzentimeter. So oder so, sagt der Ernstl, "geht immer wie Rotz am Ärmel, aber das ist egal.". (Guido Gluschitsch, 5.10.2020)

Auch der kleine Japaner geht wie Rotz am Ärmel.
Foto: Guido Gluschitsch