Die Bezirksblätter Niederösterreich sind kostenlos. Sie erscheinen mit ihren 29 lokalen Ausgaben einmal pro Woche.

Foto: Bezirksblätter NÖ

Die Bezirksblätter Niederösterreich, die zu den Regionalmedien Austria (Moser Holding, Styria) gehören, sollen mit Niederösterreichs Politik – vor allem der ÖVP – nur allzu eng auf Tuchfühlung gehen. Reporter mussten den Bauernbund und die Landesregierung in ein gutes Licht rücken, berichten das Nachrichtenmagazin "profil" und das Ö1-Medienmagazin "Doublecheck" am Freitag. Das sollen interne Mails dokumentieren, die "profil" und Ö1 vorliegen.

Zu hören war der gesamte "Doublecheck"-Beitrag am Freitag um 19.05 Uhr, Auszüge aus der Bezirksblätter-Geschichte gab es bereits im "Mittagsjournal". Die Bezirksblätter Niederösterreich erscheinen wöchentlich. Sie sind mit einer Reichweite von 48 Prozent das größte Printprodukt des Bundeslandes. Laut den Mails forderte die Chefredaktion von den Lokalreportern, wohlwollend über Politiker und Parteiorganisationen zu berichten, was Chefredakteur Christian Trinkl im Gespräch mit dem STANDARD bestreitet.

"Stehen auf der Seite der Bauern"

So soll laut "profil" der damalige Vize-Chef der Bezirksblätter Niederösterreich, Christian Trinkl, im Februar 2019 an seine 19 Lokalredaktionen ein Mail mit folgendem Inhalt geschrieben haben: "Mit dem Bauernbund wurde eine Geschichte vereinbart, die in Kalenderwoche 9 erscheinen MUSS." Und: "Die Obleute (des Bauernbundes, Anm.) sind gebrieft, dass wir die Geschichte mit ihnen machen und sollten euch genügend Info geben können." Trinkl, der mittlerweile zum Chefredakteur avanciert ist, schrieb noch: "Wir stehen an der Seite der Bauern."

Der Bauernbund betonte laut dem Bericht gegenüber "profil" und Ö1, dass für die redaktionelle Berichterstattung kein Geld geflossen sei. Die Bezirksblätter beteuern, dass PR-Geschichten immer als solche ausgeschildert würden. Die Inputs der Chefredakteure seien lediglich "Themenvorschläge für Berichte". Zum STANDARD sagt Trinkl, dass diese "Muss"-Geschichten Anregungen für die Themen der Woche seien. Aufgrund der vielen lokalen Ausgaben der Bezirksblätter würden diese zentral erfolgen.

Dass mit dem Satz "Wir stehen an der Seite der Bauern" bereits die Stoßrichtung für den Artikel vorgegeben wurde, sei der regionalen Verankerung der Bezirksblätter geschuldet, so Trinkl: "Regionalität ist in unserer DNA." Es habe sich jedenfalls weder um Werbung noch eine Kooperation gehandelt.

Kürbisbauern

Ein anderer Themenvorschlag, von dem "profil" auch berichtet, sei eine Geschichte über die Kürbisbauern in den jeweiligen Regionen gewesen. "Neben diesen Storys wurde landesweit ein Interview mit SPÖ-Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl (er ist für Konsumentenschutz zuständig) publiziert, der etwas zur Qualität der Kürbisse sagen durfte", so "profil". Alle Beteiligten betonen, dass dafür kein Geld geflossen sei. Trinkl sagt, dass ein Interview naheliegend gewesen sei, da sich Schnabl mit dem Thema beschäftigt habe. Seine Themenvorschläge seien keineswegs nur politischer Natur: "So etwas machen wir auch zu Ostern oder zum Valentinstag."

ÖVP bezahlte für Talk mit Chefredakteuren

Geld sei allerdings in einer anderen Causa geflossen, berichtet "profil". Und zwar von der ÖVP Niederösterreich an die Bezirksblätter. "Die beiden Bezirksblätter-Chefredakteure moderierten mehrere Diskussionsveranstaltungen in der ÖVP-Parteizentrale. Die Talks mit dem Titel 'Politik und' wurden auch über die Bezirksblätter-Facebookpage gestreamt und erweckten dank dem Zeitungslogo im Hintergrund den Eindruck, hier handle es sich um offizielle Events des Mediums selbst."

Dieser Anschein sei in den Bezirksblätter-Ausgaben noch verstärkt worden, die über das Gesprächsformat mit dem ÖVP-Landesgeschäftsführer berichteten – ohne einen Hinweis auf die Werbepartnerschaft, so "profil". Für Trinkl ist das nichts Unanständiges. Ausgemacht war mit der ÖVP, und dafür sei auch gezahlt worden, dass die Bezirksblätter ihre Onlinepräsenz zur Verfügung stellen, um mit der Diskussionsreihe möglichst viele Leute zu erreichen.

Dass darüber auch in den Bezirksblätter-Ausgaben berichtet wurde, sei nicht vereinbart worden. Deswegen habe es keiner Kennzeichnung bedurft. Und überhaupt: Chefredakteure anderer Medien würden auch von Parteien engagiert*, um Veranstaltungen zu moderieren, sagt Trinkl: "Inhaltlich war nichts vorgegeben."

Nur ÖVP-Regierungsmitglieder interviewt

Eine Artikel-Serie über die Vorzüge der EU, bei der alle sechs ÖVP-Landesregierungsmitglieder interviewt wurden, nicht aber die der FPÖ und SPÖ, wurde Bezirksblätter-intern als "gebucht" bezeichnet, berichtet "profil".

Laut dem Ö1-"Mittagsjournal" unterschrieben nicht nur die Sales-Mitarbeiter, sondern auch die Redakteure Jahreszielvereinbarungen. Werden genügend Anzeigen gebucht, winken den Redakteuren Prämien. Eine Praxis, die Trinkl verteidigt. Redakteure würden auf lokaler Ebene an Advertorials für Kunden mitschreiben, sagt er zum STANDARD. Das werde aber als Werbung ausgewiesen und beeinträchtige die Berichterstattung nicht. Bei den Prämien gehe es um niedrige dreistellige Beträge, so Trinkl. (omark, 2.10.2020)