Jung, weiblich und einflussreich: Monika Köppl-Turyna soll dem Wirtschaftsinstitut Eco Austria einen frischen Anstrich verpassen.

Foto: Franz Neumayr

Erstmals steht in Österreich eine Frau allein an der Spitze eines der großen Wirtschaftsforschungsinstitute. Anfang November übernimmt Monika Köppl-Turyna die Leitung von Eco Austria. Sie folgt damit auf Tobias Thomas, der heuer zum Generaldirektor der Statistik Austria ernannt wurde. Eco Austria wurde 2011 mit tatkräftiger Unterstützung der Industriellenvereinigung gegründet. Vertreter des Instituts betonen gerne seine zunehmende finanzielle Unabhängigkeit. Bei Kritikern gilt es weiterhin als neoliberale Denkfabrik für Millionäre.

Der Zuschreibung "neoliberal" kann Köppl-Turyna aber wenig abgewinnen. "Das wird nur von Kritikern als Schimpfwort verwendet", sagt sie im Gespräch mit dem STANDARD. Doch als Liberale sieht sich die gebürtige Warschauerin sehr wohl. "Wer im Ostblock aufgewachsen ist und die Geschichten seiner Eltern hört, weiß, dass der Staat kein Geld umverteilen kann, das nicht zuerst verdient wurde."

In ihrer Heimat studierte die Tochter zweier Universitätsprofessoren Volkswirtschaft. Aus einem einjährigen Stipendium in Wien erwuchs eine steile Karriere innerhalb der heimischen Ökonomenzunft. Zuletzt belegte Köppl-Turyna im jährlichen Ranking der einflussreichsten deutschsprachigen Ökonomen von den Tageszeitungen Presse, FAZ und NZZ den zwölften Rang in Österreich.

Das verdankt die 35-Jährige nicht nur ihrem prominenten Twitterfeed, sondern ihrer bisherigen Tätigkeit als Senior Economist bei der Denkfabrik Agenda Austria. Gleichzeitig lehrt die Volkswirtin an der WU Wien. Heuer habilitierte Köppl-Turyna an der Linzer Johannes-Kepler-Uni. Ihr Fachbereich ist die Public Choice Theory. Im Wesentlichen geht es dabei um die Einsicht, dass Politik, ähnlich wie ein Markt, von vielen Einzelinteressen gestaltet wird. "Natürlich gibt es Marktversagen, aber es gibt auch Staatsversagen", sagt Köppl-Turyna. Die Kunst ist herauszufinden, wo das kleinere Übel liegt.

Mütter im Nachteil

Ein Beispiel für Köppl-Tuynas Forschung ist die notorisch hartnäckige Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen. Dabei plädiert die Ökonomin dafür, weniger auf das Geschlecht, sondern vielmehr auf die Rolle von Müttern in der Gesellschaft zu achten, der Gender-Pay-Gap sei im Wesentlichen ein Motherhood-Pay-Gap. Mütter bleiben dem Arbeitsmarkt lange fern und kehren nach der Karenz oft nur in Teilzeit zurück.

Schuld an der Gehaltsschere ist demnach weniger klassische Diskriminierung, sondern die traditionelle Aufteilung der Familienarbeit zulasten der Mütter. Sie verdienen weniger und sind stärker von Altersarmut bedroht. Darum würde Köppl-Turyna die Karenzzeiten deutlich verkürzen, auf je ein Jahr pro Partner. Wenn ein Elternteil seine Karenzzeit nicht in Anspruch nimmt, verfällt sie, anstatt dass der andere – meistens die Mutter – in der Arbeit zurücksteckt und länger beim Kind bleibt. Gleichzeitig müsse das öffentliche Betreuungsangebot für Kleinkinder verbessert werden.

Die Mutter eines Siebenjährigen und einer Einjährigen spricht aus Erfahrung: "Das Leben in Österreich ist nach wie vor darauf ausgerichtet, dass ein Elternteil spätestens am frühen Nachmittag verfügbar ist."Ein weiteres Forschungsfeld der Ökonomin ist Österreichs eigensinniger Föderalismus, der sich bei der Ausgabenseite, aber kaum bei den Einnahmen entfaltet. Köppel-Turyna plädierte daher für mehr finanzielle Autonomie der Gemeinden. Welche Schwerpunkte sie bei Eco Austria setzen will, verrät sie noch nicht. Tief in eine Materie einzutauschen fällt der begeisterten Sportlerin leicht. Als Taucherin ging sie schon 66 Meter tief unter Wasser. Den langen Atem kann sie bei ihrer neuen Aufgabe gut gebrauchen. (Leopold Stefan, 3.10.2020)