Foto: Heyne

Zack Jordan: "Last Human"

Erst heuer im Original erschienen und schon auf Deutsch erhältlich: Romandebütant Zack Jordan lässt eine Space Opera vom Stapel, bei der einem Hören und Sehen vergeht. Im Mittelpunkt steht die junge Sarya, die als letzter Mensch des Universums inkognito unter Aliens aufwächst und ungewollt in den ideologischen Machtkampf von gottgleichen (oder teuflischen) Entitäten gerät. Und das alles vor dem Hintergrund einer derart dicht und bunt bevölkerten Galaxis, dass daneben selbst die wildesten CGI-Exzesse von George Lucas kärglich wirken.

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Foto: Piper

Andrew Hunter Murray: "The Last Day"

Und noch ein fantastischer Roman, der jetzt auch ins Deutsche übersetzt wurde: In Andrew Hunter Murrays "The Last Day" hat die Erde aufgehört, sich zu drehen, und weder auf der glühendheißen Tag- noch auf der tiefgefrorenen Nachtseite ist noch Leben möglich. Murray interessiert aber nicht das Physikalische, sondern das Politische: Er zeichnet ein düsteres Bild seiner britischen Heimat, die das große Glück hatte, in der gemäßigten Zwielichtzone zu landen – und nun zur unmenschlichen Festung wird, um dieses Privileg mit Zähnen und Klauen zu verteidigen.

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Foto: Cross Cult

Claudia Kern: "Divided States of America"

In ein paar Wochen entscheidet sich, ob der Irrsinn in den USA weitergeht oder nicht. Vor der letzten Präsidentschaftswahl schrieb die Deutsche Claudia Kern diesen Thriller, in dem ein intellektueller Klon Trumps sein Land so richtig in die Scheiße reitet – bis hinein in den Bürgerkrieg. Anlässlich des aktuellen Wahlgangs hat der Verlag den Roman noch einmal neu aufgelegt. Und die vergangenen vier Jahre haben aber auch wirklich gar nichts getan, um einem das mulmige Gefühl zu nehmen, das einen hier beim Lesen beschleicht.

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Foto: Zwerchfell Verlag

Spreckels & Scheffel-Runte: "Yellowstone"

Dystopische USA, Variante 2: Ein paar Jahrzehnte weiter in die Zukunft führen uns zwei junge deutsche Comic-Künstler mit ihrer ersten Graphic Novel, nämlich bis in die Zeit nach einem Ausbruch des Yellowstone-Supervulkans. So einiges an der Post-Katastrophen-Gesellschaft erscheint nicht nur dem Protagonisten, einem verbitterten Nationalgarde-Veteranen, verdächtig. Und so setzt sich ein Polit-Thriller in Gang, der vor allem mit seiner bildlichen Umsetzung besticht – der aber, was die Story betrifft, ein bisschen mehr abgebissen hat, als er verdauen konnte.

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Foto: Solaris

Adrian J. Walker: "The Human Son"

Was kommt nach dem letzten Menschen? Nun, der erste ... nach einem halben Jahrtausend. So lange brauchte eine Gruppe von Kunstwesen, um die umweltzerstörte Erde wieder zu reparieren. Mit einem aus alter DNA gezüchteten Menschenkind testen sie nun, ob Homo sapiens wieder auf die Erde losgelassen werden kann. Dass als Mutter für den kleinen Hosenmatz ausgerechnet eine Wissenschafterin mit dem Intellekt und der Persönlichkeit von Sheldon Cooper ausgewählt wird, sorgt für einige Komik. Aber schon bald wird es ernster, und die bange Frage steht im Raum: Soll die Menschheit wirklich eine zweite Chance bekommen?

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Foto: Piper

Christoph Dittert: "Fallender Stern"

Für Science-Fiction-Fans ist es ein altvertrautes Szenario: Ein außerirdisches Objekt taucht im Sonnensystem auf, und rasch wird eine Erkundungsmission auf die Beine gestellt. Da interessieren Ursprung und Zweck des Objekts fast weniger als die Frage, wie ein Autor dem Thema neue Aspekte entlocken will. Christoph Dittert, bekannt geworden mit den Jugendbüchern um "Die drei ???", gelingt es, indem er das Ganze mit einer Familiengeschichte verknüpft. Und bevor jetzt jemandem ein "Naja" entschlüpfen kann: Das liest sich stimmig. Und im weiteren Verlauf wird es ohnehin noch ordentlich krachen.

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Foto: Memoranda

Angela & Karlheinz Steinmüller: "Marslandschaften"

Nicht nur Marslandschaften werden uns hier eröffnet (aus den Augen eines spiritistischen Mediums übrigens). Wir lesen auch von einer App, die Menschen ungefragt mit Heiligenschein versieht, einem quantentechnologischen Telepathennetzwerk oder einem DDR-Genossen, der von Gnomen gepiesackt wird. Das deutsche Autorenpaar Steinmüller ist seit Jahrzehnten aktiv – und hat's immer noch drauf, wie diese Storysammlung zeigt.

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Foto: Culturbooks

Camilla Grudova: "Das Alphabet der Puppen. Storys"

Die wohl seltsamste Storysammlung des Jahres (und wir hatten im Frühling immerhin schon "Odsburg"!) kommt von der kanadischen Autorin Camilla Grudova. "Das Alphabet der Puppen" führt uns in seinen 13 Erzählungen voller Puppen, Nähmaschinen und Neurosen in ebenso surreale wie triste Welten, in die man nicht hineingeboren werden möchte. Alleine schon deshalb, weil Babys hier häufig als deformierte Fleischklumpen zur Welt kommen ...

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Foto: Titan Books

David Quantick: "Night Train"

Eine Frau, die ihr Gedächtnis verloren hat, wacht in einem Zug auf – und dieser Zug rast durch eine Landschaft, in der sich gerade die Apokalypse abzuspielen scheint. Aber auch im Inneren des Zuges ist es alles andere als gemütlich. Während sie sich Richtung Lokomotive nach vorne arbeitet, stößt unsere Protagonistin auf jede Menge Überraschungen – manche davon tödlich, andere einfach nur bizarr. Angesiedelt irgendwo zwischen "Cube", "Snowpiercer" und "The Prisoner", ist "Night Train" eine packende Mystery voller Grauen und Galgenhumor.

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Foto: Heyne

Dennis E. Taylor: "Outland"

Und wem bei der rasenden Zugfahrt von David Quantick nicht das Essen aus dem Gesicht gefallen ist, der kann sich hier vom "Bobiversum"-Schöpfer Dennis E. Taylor noch eine Ladung Popcorn-Unterhaltung abholen. "Outland", der Beginn einer neuen Romanreihe, erzählt von einer Gruppe von Studenten, die Zutritt zu einer Parallelwelt finden. Und diese schon bald als Zuflucht brauchen werden, denn – tataaa! – auch in diesem Buch bricht der Yellowstone-Vulkan aus. Science Fiction light, wie man es von Taylor gewöhnt ist, mit ein paar recycelten Ideen.

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Ein kurzer Ausblick noch: Zum ersten Mal, seit die Corona-Krise die Verlagsprogramme ausgedünnt hat, liegen jetzt mehr Bücher bei mir daheim herum, als in die nächste Rundschau passen werden. Mit dabei wird aber auf jeden Fall Susanna Clarkes voll Spannung erwarteter Roman "Piranesi" sein. Wer den noch ohne Rundschau-Filter lesen will, hat ab jetzt einen Monat Zeit – auf die Plätze, fertig, los! (Josefson, 10. 10. 2020; coole Ziffernfolge, nebenbei bemerkt)