Boris Johnson berät am Nachmittag mit Ursula von der Leyen über den Stand der Verhandlungen zu den künftigen Beziehungen nach dem Brexit. Davor traf Johnson Mitarbeiter einer britischen Asphaltfabrik und stellte eine Brücke zwischen Schottland und Nordirland in Aussicht.

Foto: imago images/Parsons Media

London – Die britische Regierung will mit umfangreichen Verkehrsprojekten die von der Corona-Pandemie hart getroffene Wirtschaft wieder anschieben. Zudem sollen dadurch die Verbindungen zwischen den Teilen des Vereinigten Königreichs gestärkt werden. Premierminister Boris Johnson gab nach Angaben der Regierung vom Samstag eine entsprechende Studie in Auftrag. Dabei soll es unter anderem um die Machbarkeit einer Brücke zwischen Schottland und Nordirland gehen.

Johnson hatte zuletzt wiederholt Sympathie für ein solches Projekt bekundet. Eine solche Brücke hätte eine Länge von mindestens 32 Kilometern. Zudem soll es um den möglichen Ausbau von Flug-, Straßen und Bahnverbindungen in Schottland, Wales und Nordirland gehen. Die Ergebnisse der Studie solle Mitte kommenden Jahres vorliegen.

Treffen mit von der Leyen

Johnson hat sich am Samstag zudem zuversichtlich gezeigt, dass ein geregelter Brexit bis Jahresende gelingen kann. Vor seiner Videokonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die für Samstagnachmittag angesetzt war, sagte Johnson der Zeitung "The Daily Telegraph", er sei "ziemlich optimistisch", dass sich beide Seiten auf einen Kompromiss zur Regelung der künftigen Beziehungen einigen könnten.

Die Aussichten auf eine Vereinbarung bis zum Jahresende seien "sehr gut, wenn alle einfach etwas gesunden Menschenverstand an den Tag legen", sagte Johnson der Zeitung. In seiner Videokonferenz am Nachmittag mit von der Leyen soll es um den Stand der Verhandlungen zu den Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit gehen.

Sprechen dürften der Premier und die Kommissionschefin zudem über die von Johnson per britischem Gesetz geplanten, einseitigen Änderungen am bereits in Kraft getretenen Brexit-Vertrag. Gegen diese hatte die EU am Donnerstag rechtliche Schritte eingeleitet.

Letzte Verhandlungsrunde

Großbritannien war mit 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Ende des Jahres bleibt es aber während einer Übergangsphase noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Zeit wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ihre künftigen Beziehungen und insbesondere ein Handelsabkommen aushandeln. Diese Woche endete die vorerst letzte Verhandlungsrunde. EU-Unterhändler Michel Barnier hatte danach erklärt, es gebe weiter "ernsthafte Meinungsverschiedenheiten" bei zentralen Fragen.

Auch von der Leyen sagte, die schwierigsten Verhandlungsthemen seien "noch komplett offen". Konkret nannte sie die künftigen Wettbewerbsbedingungen für britische und europäische Firmen und die Frage des Zugangs zu britischen Hoheitsgewässern für europäische Fischer. Zugleich betonte sie: Wo ein Wille sei, sei auch ein Weg.

Der britische Chefunterhändler David Frost erklärte, in vielen für ein Handelsabkommen nötigen Bereichen sehe er "trotz anhaltender Meinungsverschiedenheiten die Umrisse einer Einigung". Aber auch Frost räumte ein, dass es nun knapp werde, bevor Großbritannien zum Jahresende aus dem Binnenmarkt und der Zollunion ausscheidet. (APA, red, 3.10.2020)