Der Berliner Bauunternehmer Klaus Keller wird an seinem 90. Geburtstag erschossen aufgefunden. Um seinen Hals hängt ein Schild mit den Worten: "Ich war zu feige, für Deutschland zu kämpfen". Keller war der Seniorchef einer großen Berliner Baufirma, sein derzeitig größtes Projekt war der Bau eines Dokuzentrums über die Shoa in Israel.Viel scheint für einen rechtsradikalen Anschlag zu sprechen. Doch dann nimmt der Fall eine andere Wendung.

Ein Jugendfoto von Tatopfer Klaus und seinem Bruder Gert ist aus der Wohnung des Toten verschwunden. Hat der Mord etwas mit den beiden Brüdern zu tun? Wirtschaftswunderkind und Wendegewinner der eine – Stasimajor, SED-Funktionär und Wendeverlierer der andere.

"Mitgliedschaft bei der Hitlerjugend, Verrat von Juden, Stasi-Karriere und Wende-Verlierer im Osten, Reichtum inclusive Pool im Westen, völkische Gesinnung im wiedervereinigten Deutschland. Es ist alles da am großen Buffet zur Einheitsfeier, bloß der Schlenker zur RAF fehlt noch. Garniert wird das ganze mit Aufnahmen von Holocaust-Mahnmal und Mauer. Wer jetzt denkt, das sei ein bisserl viel, liegt nicht falsch. Erstaunlicherweise ist aber ein guter und spannender Krimi daraus geworden.", schreibt Birgit Baumann im TV-Tagebuch des STANDARD.

Foto: ORF/ARD/rbb/Stefan Erhard

"Das deutsch-deutsche Familienporträt (Regie: Lena Knauss), das die ARD am Sonntag zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung zeigt, hätte leicht zu einem überladenen Polit-Tableau werden können. Und tatsächlich sind einige Figuren als simple dramaturgische Funktionsträger angelegt – aber wie diese in der Interaktion ihren Umgang mit deutscher Geschichte und ihre eigene Verstrickung darin offenbaren, legt geschickt die Fallstricke in der Erinnerungsarbeit frei. Es geht hier um Schuld und wie sie vergegenwärtigt oder vergessen wird. Aber auch darum, wie sie instrumentalisiert oder bagatellisiert wird.", urteilt Christian Buß im "Spiegel".

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"Wer vorab die Zusammenfassung dessen hört, was im Film abgehandelt werden soll, darf misstrauisch werden: Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Antisemitismus, Neue Rechte, Schoah-Gedenkbemühungen, Ressentiments zwischen Ost und West, Wiedervereinigung. Hui. Aber, Überraschung, Drehbuchautor Christoph Darnstädt schafft das alles. Was daran liegen könnte, dass alle Aspekte, die dieser Film beackert, längst alltäglich geworden sind.", so Theresa Hein in der "Süddeutschen Zeitung".

Jetzt sind Sie an der Reihe, wie hat Ihnen dieser "Tatort" gefallen? Hier darunter ist Platz für Ihr Urteil. (red, 4.10..2020)

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