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Am Sonntag kam es in Teilen von Madrid zu Protesten gegen die Maßnahmen.

Foto: REUTERS/Javier Barbancho

Keine Stauwarnungen, leere Bahnhöfe, kaum Autos in der Madrider Innenstadt. Die wenigen Menschen, die am Wochenende die spanische Hauptstadt verlassen, haben alle einen dokumentierten triftigen Grund: Arbeit, Ausbildung, Trauerfeier für einen Angehörigen oder Rückreise an den üblichen Wohnort. Die restliche Bevölkerung darf seit Freitagabend nicht mehr aus der Stadt. Und Besucher von außen dürfen ohne wichtigen Grund nicht hinein.

Außerdem dürfen bei privaten Treffen nicht mehr als sechs Personen anwesend sein. Kulturstätten, Restaurants und Wettbüros müssen ihre Plätze auf die Hälfte reduzieren. Sperrstunde und Ladenschluss wurden vorverlegt. Neben Madrid betreffen die Maßnahmen neun weitere Gemeinden in der Region. Zwar dürfen sich die 4,8 Millionen Betroffenen innerhalb ihrer Orte bewegen, das Gesundheitsministerium empfiehlt aber "unnötigen Ortswechsel zu vermeiden".

Die Einschränkungen, die mehrheitlich von den Regionalregierungen abgesegnet wurden, gelten fürs Erste zwei Wochen. Danach werden sie bei Bedarf verlängert. Städte wie León und Pamplona im Norden Spaniens könnten bald schon folgen.

Rasanter Anstieg

Nirgends in Europa steigt die Zahl der Infektionen so schnell wie in Madrid und Umland. In den letzten 14 Tagen waren es dort 648 neue Fälle pro 100.000 Einwohner. Ein Fünftel aller Corona-Tests fällt positiv aus, mehr als 40 Prozent der Intensivbetten sind schon wieder mit Covid-19-Patienten belegt.

Auf den Zugangsstraßen der eingeschlossenen Gemeinden kontrolliert die Polizei. Doch bisher werden bei Verstoß keine Bußgelder verhängt. Denn die Regionalregierung Madrids – eine Koalition aus der konservativen Partido Popular und den Rechtsliberalen Ciudadanos, die von der rechtsextremen VOX unterstützt wird – hat Klage eingereicht. Regierungschefin Isabel Díaz Ayuso sieht in den Maßnahmen eine "Einmischung in die Zuständigkeiten" ihrer Regierung.

Ayuso nutzt die Pandemie für einen Konfrontationskurs mit Spaniens Linksregierung von Pedro Sánchez. Aber es zeichnen sich auch erste Risse innerhalb der Regionalregierung ab, etwa im Rücktritt eines Ministers. Die Opposition überlegt derweilen, ein Misstrauensvotum gegen Ayuso einzuleiten. (Reiner Wandler aus Madrid, 4.10.2020)