Foto: Sigmund Freud Privatuniversität

Seit dem Covid-19-Lockdown ist Home Office für viele Menschen "das" Standbein für ihre berufliche Tätigkeit. Doch die absehbar auch längerfristig notwendige Umstellung will gelernt sein. An der Weiterbildungsakademie der Wiener Sigmund Freud Privatuniversität (SFU) hat Monika Spiegel, Leiterin des Instituts für Psyche und Wirtschaft, deshalb jetzt einen Universitätslehrgang für Onlineberatung etabliert.

"Man sollte sich nicht falschen Hoffnungen hingeben. In der Arbeitswelt vieler Menschen wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Das gilt besonders für die Kommunikationsmittel und -abläufe. Jetzt, einige Monate nach Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie, sind die Belastungen bei vielen Menschen offenbar. Die Umstellung beruflicher Tätigkeit auf Online-Formate kann in manchen Fällen sogar eine regelrechte IT-Phobie auslösen", erklärte Monika Spiegel gegenüber der APA.

Weiterbildung

Mit dem "Universitätslehrgang online@work" will die SFU jetzt eine Weiterbildungsmöglichkeit anbieten, um speziell für beratungsintensive Berufe Wissen und Kenntnisse für die zukünftige "digitale Welt" zu vermitteln. "Wir beginnen mit je einem Lehrgang für psychosoziale Berufe, für Juristen, Mediziner bzw. Ärzte. Viele von ihnen waren in den vergangenen Monaten erstmals mit dem Problem konfrontiert, ihre Klienten, Patienten oder Kunden plötzlich nicht mehr physisch vor sich zu haben, sondern mit ihnen – zumindest zu einem großen Teil – "nur" noch online in Kontakt treten zu können", sagte Monika Spiegel.

In Kooperation mit deutschen Experten des Instituts für E-Beratung der Technischen Universität Nürnberg wurde ein Weiterbildungssystem aus jeweils sieben Modulen etabliert, das in Halb- oder Ganztages-Online-Seminaren absolviert werden kann. "Vier der Module, zum Beispiel über rechtliche und technische Rahmenbedingungen bzw. Anforderungen, Selbstmarketing online oder Methoden der Online-Beratung sind für die drei Berufsfelder gleich. Dann spaltet sich das Programm auf", erklärte die Psychotherapeutin.

Die Fragen, die sich beim teilweisen oder völligen Umstellen von beratungsintensiven Tätigkeiten auf Online-Service stellen, sind vielfältig. Das beginnt bei ganz einfachen Dingen. Monika Spiegel: "Bei Video-Kontakt muss ich beachten, welches Umfeld mein Gegenüber von mir sieht. Man benötigt eine bessere Ausrüstung mit qualitativ hochwertiger Video-Kamera. Kleidung und Haltung müssen angepasst sein. Sprichwörtlich: Während meines Beratungsgesprächs darf eben nicht meine Hauskatze über den Tisch marschieren."

Verhältnis

Bei dem Lehrgang geht es aber auch um Kommunikationstechniken, wie man ein vertrauensvolles Verhältnis zum Online-Klienten/Patienten aufbaut bzw. aufrecht erhält. "Wenn man psychotherapeutische Interventionen hernimmt, wird man in Online-Sitzungen mehr auf Stabilisierung des Gegenüber Wert legen müssen – und ebenso stärker darauf achten, dass das Setting eingehalten wird", erklärte Christiane Eichenberg, führende Wissenschafterin im Bereich E-Mental Health. Sie hat die inhaltliche Leitung des Universitätslehrgangs an der SFU inne. "Obwohl im Lockdown die überwiegende Mehrheit der Psychotherapeuten ihren Patienten Video-Sitzungen angeboten haben, führten sie diese Umstellung ad hoc, d.h. ohne spezifische Kenntnisse für dieses Behandlungssetting, durch", so Eichenberg. Diese Lücke will das neue Angebot der SFU schließen.

In Zukunft wird es wohl auch der Fall sein, dass man physische Treffen mit Online-Beratungsstunden 'mischt' oder abwechselt", erklärte Monika Spiegel. Wie sehr sich die Arbeitswelt – immens angestoßen durch den Coronavirus-Lockdown – in Richtung digitaler Formate verändern wird, zeigt das Beispiel einer deutschen Rechtsanwältin, die an dem SFU-Projekt ebenfalls beteiligt ist. "Sie hat ihre Kanzlei regelrecht zugesperrt und auf Online-Beratung umgestellt", schilderte Monika Spiegel. (APA, 5.10.2020)