Zu wenig Reichweite, schiach wie der Zins und viel zu teuer. Eigentlich war es bis jetzt ganz leicht, sich gegen ein E-Auto zu entscheiden. Dafür musste man nicht einmal die falschen Studien, die man an jedem Stammtisch hört, nachplappern. Aber jetzt wird es langsam ganz schön eng mit den Ausreden, zeigen die zwei E-Autos, die wir gerade im Testfuhrpark hatten – der Hyundai Kona und der Honda e.
Eigentlich würde ja, dass sie grundverschieden sind, dagegen sprechen, sie in einem Text zu behandeln, aber in dem Fall ist das anders. Zeigen sie doch die Vielfältigkeit der aktuellen E-Autos so schön auf. Der eine ein SUV mit enormer Reichweite, der andere fast schon ein Kleinwagen, quasi fürs Urbane, und daher auch mit entsprechender Reichweite.
Der Kona ist genau so, wie man sich einen SUV vorstellt. Kunststück, gibt es den Wagen ja auch als Verbrenner, als Hybrid und eben obendrein als E-Auto. Gut, als E-Auto kostet der Kona gleich einmal 8000 Euro mehr als der Benziner, aber inzwischen wissen wir, dass man die Mehrinvestition beim Kauf mit der Dauer des Betriebs wieder reinbekommt – selbst wenn der Sprit grad günstig ist.
Der Honda e ist quasi das genaue Gegenteil vom Kona. Er ist klein, er ist knuffig, er hat mit 210 Kilometer Reichweite (nach WLTP) nicht einmal die Hälfte von der des Kona, der laut Normverbrauch mit einer Ladung 484 Kilometer weit kommt. So weit die Herstellerdaten.
Im Test lagen die Werte ganz wo anders. Der Kona verbrauchte statt der angegebenen 15,4 kWh nicht einmal deren 11, der Honda statt der 17,8 gerade einmal rund 16 kWh pro 100 Kilometer.
Gut, Heizung und Klimaanlage waren im Test ebenso selten in Verwendung, wie der rechte Fuß die Bodenplatte berührt hat – aber erstaunlich ist das Ergebnis schon. Auch deswegen, weil der große SUV sparsamer ist als der kompakte Kleinwagen, oder kleine Kompaktwagen. Wie Sie wollen.
Die Logik dahinter
Beide Hersteller gehen das Thema E-Mobilität aber auch komplett unterschiedlich an. Honda setzt voll auf Lifestyle, digitales Erlebnis und charismatische Extravaganz. Mit dem Testwagen kam auch gleich ein Smartphone mit. Konnektivität. Und ich fresse meinen Hut, wenn der Testhonda inzwischen nicht schon meinen Hochzeitstag weiß.
Eine Wand aus Bildschirmen – samt Bildschirm-Rückspiegel – breitet sich vor Fahrer und Beifahrer aus. Dort kann man sich, zumindest am Stand, ein Fischaquarium einspielen, und sogar einen HDMI-Anschluss gibt es. Der noch sehr junge Kollege, der Thorben, hat sich fast antränschgert, als er den gesehen hat, und bot an, demnächst seine Spielkonsole anzustecken. Der Boss hat ihm dann aber den neuen MX-5 in die Hand gedrückt – nach dem Motto, soll er mit was Gescheitem spielen, der Bub.
Der Hyundai, ja, der ist auch voll digital, aber nicht so aufdringlich. Den kann man auch fahren, wenn man noch keine Hornhaut von diversen Tatschdisplays auf den Pranken hat. Dafür ist er, was das Sparpotenzial beim Fahren betrifft, dem Honda mehr als nur eine Ladestation voraus.
Der Honda ist beim Fahren ein Angeber. Starker Antritt, starke Rekuperation. Kein Eco-Modus. Das alles lässt den Stromzähler natürlich laufen.
Der Kona hat einen Eco-Modus und in diesem eine Gaspedalkennlinie, die so sanft ist, dass man ihn auch mit Skischuhen sparsam fahren könnte. Das Beste ist allerdings die automatische Rekuperation. Ist die aktiviert, erkennt der Kona vorausfahrenden Verkehr und bremst sich, wenn man den Fuß vom Gas nimmt, so ein, dass der Anstandsabstand gewahrt bleibt. Die dabei gewonnene Bremsenergie lädt er in die Akkus zurück. Wenn man das einmal gewohnt ist, will man das nie mehr missen.
Ach ja, den Kollegen aus der Außenpolitik haben wir zufällig getroffen und diesen Skeptiker eine Runde mit dem Kona fahren lassen. Und was sagte der nach gut zehn Minuten? "Warum fahren wir nicht alle schon längst so?"
Auch ihm sind die Ausreden ausgegangen: beim Tritt aufs Gas – weil auch ein sparsames E-Auto von unten raus arg beschleunigt – wie auch wegen des Komforts und bei der Rechnung, was so ein Auto nach zehn Jahren unterm Strich kostet. (Guido Gluschitsch, 9.10.2020)