Als junge Planeten in der Frühzeit des Sonnensystems miteinander kollidierten, entstanden neben Asteroiden auch Diamanten.
Illustr.: NASA/SOFIA/Lynette Cook

Forscher haben in Meteoriten die bislang größten außerirdischen Diamanten entdeckt. Auch wenn die winzigen, allenfalls wenige Millimeter großen Körnchen im Vergleich zu irdischen Diamanten nicht besonders spektakulär erscheinen mögen, stellen sie dennoch einen außerordentlichen wissenschaftlichen Schatz dar. Immerhin widerlegen sie die bisherige These ihres Ursprungs: Extraterrestrische Diamanten entstehen nicht, wie zuvor angenommen, tief im Innern von mindestens Merkur-großen Planeten. Eine Gruppe internationaler Geowissenschafter konnten vielmehr nachweisen, dass diese Diamanten in der Frühzeit unseres Sonnensystems während der Kollision von Kleinplaneten miteinander oder mit großen Asteroiden entstanden sind.

Geburt und Untergang früher Planeten

Astronomen schätzen, dass mehr als zehn Millionen Asteroiden im Asteroidengürtel kreisen. Die Brocken sind Überreste aus der Frühzeit unseres Sonnensystems, als unsere Planeten in einer um die Sonne rotierenden Gas- und Staubwolke geboren wurden, der protoplanetaren Gas- und Staubscheibe. Wenn Asteroiden aus der Umlaufbahn geworfen werden, stürzen sie zuweilen als Meteoroide auf die Erde. Sind sie groß genug, so verglühen sie beim Eintritt in die Atmosphäre nicht vollständig und können als Meteorite gefunden werden. Die geowissenschaftliche Untersuchung solcher Meteorite ermöglicht Rückschlüsse auf die Entstehung, Entwicklung aber auch den Untergang von Planeten im Sonnensystem.

Eine spezielle Art von Meteoriten sind sogenannte Ureilite. Sie stellen Fragmente eines größeren Himmelskörpers dar – wahrscheinlich eines Kleinplaneten – der durch gewaltige Kollisionen mit anderen Kleinplaneten oder großen Asteroiden vollständig zertrümmert wurden. Ureilite enthalten häufig größere Mengen an Kohlenstoff, unter anderem in Form von Graphit oder Nano-Diamanten.

Gesteinsprobe von einem Ureilit-Kleinplaneten, gefunden als Meteorit in der Sahara. Die untere Bildkante entspricht einer Länge von zwei Zentimetern.
Foto: Oliver Christ

Nicht in Planeten geboren

Die nun entdeckten Diamanten mit Größen von über 0,1 bis mehreren Millimetern können nicht beim Aufprall der Meteoroide auf die Erde entstehen. Impakt-Ereignisse mit solch großen Energien würden zur vollständigen Verdampfung des Meteoriden führen. Daher ging man bisher davon aus, dass diese größeren Diamanten – ähnlich wie im Erdinneren – durch lange andauernden Druck im Inneren von Mars- oder Merkur-großen Planetenvorläufern entstanden sein mussten.

Wissenschafter der Goethe-Universität haben jetzt zusammen mit Forschern aus Italien, den USA, Russland, Saudi-Arabien, der Schweiz und dem Sudan in Ureiliten aus Marokko und dem Sudan die größten bislang entdeckten Diamanten gefunden und detailliert analysiert. Neben den bis zu mehrere 100 Mikrometer großen Diamanten fanden sich in den Ureiliten auch zahlreiche Nester von nur Nanometer großen Diamanten und Nano-Graphit.

Nähere Untersuchungen zeigten, dass bei den Nano-Diamanten auch so genannte Londsdaleit-Lagen auftreten, eine nur durch plötzlichen, sehr starken Druck entstehenden Modifikation von Diamanten. Ferner zeigten auch andere Minerale der untersuchten Ureilit-Gesteine typische Anzeichen eines Schockdrucks. Letztendlich war es das Auftreten dieser größeren Diamanten zusammen mit Nano-Diamanten und Nano-Graphit, der den Durchbruch ergab.

Raman-spektroskopische Falschfarbenaufnahmen des Ureilites: Die Diamant erscheinen hier rot, Graphit in blauer Farbe.
Foto: Cyrena Goodrich

Kollision mit Folgen

"Unsere umfangreichen neuen Untersuchungen zeigen, dass sich diese ungewöhnlichen extraterrestrischen Diamanten durch den immensen Schockdruck beim Einschlag eines großen Asteroiden oder gar Kleinplaneten auf der Oberfläche des Ureilit-Mutterköpers bildeten", sagt Frank Brenker vom Institut für Geowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. "Es ist durchaus möglich, dass es eben dieser gigantische Einschlag war, der letztlich zur vollständigen Zerstörung des Kleinplaneten führte."

Die im Fachjournal "Pnas" präsentierten Ergebnisse lassen darauf schließen, dass – anders als bisher angenommen – die größeren Ureilit-Diamanten kein Hinweis auf die Existenz von Mars- oder Merkur-großen Proto-Planeten in der frühen Phase unseres Sonnensystems darstellen. Vielmehr sind sie Zeugen für die immensen, zerstörerischen Kräfte, die zu dieser Zeit herrschten, so die Wissenschafter. (red, 5.10.2020)