Für die Gestaltung von Wahlplakaten leisten sich einige Parteien die Unterstützung externer Werbeagenturen.

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Der vergangene Wiener Wahlkampf beschäftigt noch heute die Justiz: Ist die diesjährige Wahl der Epilog zum Ibiza-Video, dann fand 2015 dessen Vorspiel statt. Damals entschied sich der Bodyguard von Heinz-Christian Strache, belastendes Material gegen seinen Chef zu verkaufen – und klapperte dafür gemeinsam mit Anwalt M. diverse Politikberater ab. Angeboten wurden Haarproben, die Drogengenuss nachweisen sollten, sowie Fotos von Sporttaschen mit Bargeld. Bescheid wusste die gesamte politische Konkurrenz, wie aus Einvernahmen im Ibiza-Akt hervorgeht. Nur zugegriffen hat keiner. Und so kam es, dass der Plan für ein unwiderstehliches Angebot für Politberater geschmiedet wurde: das Ibiza-Video.

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass im jetzigen Wahlkampf fast alle Parteien schwören, keine externen Spindoktoren zu beauftragen. Vielleicht liegt es auch an jenem Mann, der schon vor knapp 20 Jahren die Wahlkampagne des roten Bürgermeisters Michael Häupl orchestrierte, dann im SPÖ-Nationalratswahlkampf 2017 mit Dirty Campaigning gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz für einen Eklat sorgte und seither als Negativbeispiel der Beraterzunft gilt: Tal Silberstein.

Jedenfalls fällt auf, dass die Parteien dieser Tage gerne den Begriff "inhouse" verwenden, um ihre Wahlkampfplanung zu beschreiben. Heißt: Man will sich dieses Mal vornehmlich auf parteieigene Expertise statt auf externe Gurus verlassen. Ein Überblick:

SPÖ

Externe Berater, international erfahrene Dirty Campaigner? Davon will man in der Wiener SPÖ nichts mehr wissen. Nach den Wahlkampfskandalen der vergangenen Jahre ist das gut nachvollziehbar. Orchestriert wird der Wahlkampf von Landesparteisekretärin Barbara Novak und dem Kommunikationsstrategen Raphael Sternfeld. Letzterer war schon Berater des damaligen Bundeskanzlers Werner Faymann, dann wechselte er zu Hans Peter Doskozil. Erfolglosigkeit kann man den beiden, vor allem mit Blick auf die jetzige Performance der Bundespartei, nicht vorwerfen – auch deshalb hat Sternfeld intern die Zügel in der Hand.

Zugekauft wird lediglich die werbliche Umsetzung der Kampagne, außerdem werden regelmäßig Umfragen beauftragt. Der Wiener SPÖ kommt als Bürgermeisterpartei natürlich zugute, dass ihr auch die gutgeölte Maschinerie der Stadt-PR hilft. Den traditionellen Wahlkampfskandal hat sich die SPÖ Wien bisher jedenfalls erspart.

ÖVP

Einmal wöchentlich setzt sich Gernot Blümel mit fünf bis sechs Leuten zusammen – dem "Inner Circle" der Hauptstadttürkisen. Neben dem Spitzenkandidaten besteht dieser aus Wahlkampfleiterin und ÖVP-Landesgeschäftsführerin Bernadette Arnoldner, dem nicht amtsführenden Stadtrat Markus Wölbitsch, Kommunikationschef Michael Ulrich und ein bis zwei Vertretern der Werbeagentur Blink. Gemeinsam werden Strategie, Kampagnenschwerpunkte und Medientermine durchgeackert.

Blink ist ein türkiser Fixstarter: Beide arbeiten auch regelmäßig mit Kanzler Sebastian Kurz zusammen. Für die ÖVP Wien war Blink für die Wahlplakate zuständig. Die Social-Media-Kanäle werden hausintern betreut. In regulären Zeiten besteht das Hauptstadtpresseteam aus vier Leuten, für den Wahlkampf wurde auf acht Mitarbeiter aufgestockt.

Grüne

Die Grünen betonen das knappe Budget von 1,6 Millionen Euro, mit dem sie für Vizebürgermeisterin Birgit Hebein auf Stimmenfang gehen. Grund dafür: Die Wiener Landespartei habe nach dem Wahldebakel 2017 und dem somit verfehlten Einzug in den Nationalrat einen Gutteil der Schulden der Bundespartei übernommen. Ein Teil des Sparkurses sei auch der Verzicht auf teure großformatige Plakate und ein Fokus auf Präsenz in den Social Media, erklärt Kommunikationschef Christoph Humitsch. Der 41-Jährige war vor seinem Einstieg bei den Grünen 2017 lange bei PR-Agenturen tätig und teilt sich die Wahlkampfleitung mit Landesgeschäftsführer Christian Tesar.

"Klassische Politikberater" sind nicht an Bord, sagt Humitsch. Man tausche sich aber gerne mit Politprofis im "grünen Netzwerk" aus. Für kreative Wahlwerbung haben die Grünen erstmals die Wiener Agentur Papabogner engagiert, die vor allem für Sujets in der digitalen Sphäre zuständig ist.

Neos

Es sorgte für einige Verwunderung, dass der SPÖ-nahe Tal Silberstein 2015 im pinken Wahlkampf mitmischte – und das laut Neos sogar gratis. Nach dem roten Kampagnenskandal unter Silbersteins Ägide 2017 ist diese Episode freilich vom Tisch. Diesmal wollen sich die Pinken bei der politischen Strategie auf den Eigenbau verlassen.

Als Wahlkampfleiter fungiert Philipp Kern, der seit 2018 Neos-Landesgeschäftsführer in Wien ist. Der 32-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und war schon als Student bei den Jungen Liberalen aktiv. Was seine Wahlkampagne schwierig macht, ist das relativ unbekannte Gesicht des Spitzenkandidaten Christoph Wiederkehr.

Für Kreativleistungen haben die Neos die deutsch-österreichische Agentur Goldkinder beauftragt, die zum Beispiel auch Werbung für das Bier von Ottakringer macht. Bei den Neos sind die Goldkinder für die Gestaltung von Plakaten und digitalen Sujets zuständig.

FPÖ

Bei den Freiheitlichen setzt man mit Harald Vilimsky auf ein blaues Urgestein. Der Europa-Abgeordnete kennt die Wiener FPÖ in- und auswendig und ist nicht nur im Wahlkampf als Scharfmacher berüchtigt. Diesmal muss der jahrzehntelang enge Wegbegleiter von Heinz-Christian Strache allerdings vor allem gegen seinen Ex-Chef Stimmung machen. Vilimskys Problem dabei: die Mobilisierung der eigenen Funktionäre, die zu einem nicht geringen Teil immer noch mit Strache sympathisieren und auf eine Wiedervereinigung drängen. Während Vilimsky nur eine Woche nach dem Ibiza-Skandal bei der EU-Wahl immerhin 17 Prozent für die FPÖ holte, muss Spitzenkandidat Dominik Nepp am Sonntag das Szenario eines einstelligen Debakels abwenden. Auf Politberater greift die FPÖ dabei nach eigenen Angaben nicht zurück; "lediglich für die grafische Umsetzung" der Kampagne hat sie eine externe Agentur beauftragt, deren Namen dem STANDARD auf Anfrage jedoch nicht verraten wird.

Team Strache

Im Geld schwimmt das Team HC Strache nicht. Das Engagement für die Liste des ehemaligen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache dürfte also eher ein Engagement für die Zukunft sein. Als Berater hat Strache sich Gernot Rumpold geholt, einst Jörg Haiders Mann fürs Grobe – und vielleicht ab und zu etwas zu grob: Im Verfahren rund um die Telekom-Affäre musste Rumpold sogar eine Haftstrafe verbüßen. In der Eurofighter-Affäre setzte es keine Anklage, die von seiner Firma ausgerichtete 96.000 Euro teure Pressekonferenz für den Kampfjethersteller EADS bleibt jedoch in Erinnerung. Der Einfluss Rumpolds auf das Team Strache ist mit Blick auf das BZÖ spürbar. Die Situation war ja eine ähnliche; Haider verließ als langjähriger Parteiobmann nicht ganz freiwillig die FPÖ. Das BZÖ sollte dann zu einer Art "Bürgerplattform" werden, immer wieder wurde die "Offenheit" betont, auch als Abgrenzung zu den Freiheitlichen. Ähnliches probiert das Team HC Strache jetzt auch. (Theo Anders, Katharina Mittelstaedt, Fabian Schmid, 6.10.2020)