Auf dem 136 Meter langen Abschnitt in der Zollergasse (hier der Blick von der Mariahilfer Straße in Richtung Zollergasse) soll es künftig keine Parkplätze mehr geben – dafür aber Bäume in der Straßenmitte.

Matthias Cremer

Der Bereich um die Mariahilfer Straße ist derzeit das Zentrum der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in Wien. Stück um Stück werden seit einigen Jahren im sechsten und siebenten Bezirk Projekte umgesetzt, die die Zurückdrängung des Autoverkehrs zum Ziel haben.

Nach Mariahilfer Straße, Otto-Bauer-Gasse, Königseggasse und Neubaugasse – wo Begegnungs- und Fußgängerzonen entstanden sind – steht ein neues Vorhaben fest: Die Zollergasse soll zwischen Mariahilfer Straße und Lindengasse je zur Hälfte zu einer Fußgänger- und Begegnungszone werden. So sieht es der Planungsentwurf vor, sagte Markus Reiter, der grüne Bezirksvorsteher in Wien-Neubau, dem STANDARD. Als Baustart wird Frühjahr 2021 angepeilt, eine Eröffnung sei im April oder Mai möglich. Seit Ende April 2020 ist der Abschnitt bereits temporäre Begegnungszone, die Befristung gilt vorerst bis Ende Oktober.

Gekommen, um zu bleiben: Um in der Corona-Krise mehr Platz für Fußgänger zu ermöglichen, wurde die Zollergasse bereits Ende April in eine temporäre Begegnungszone umgewandelt. Geht es nach dem grünen Bezirksvorsteher Markus Reiter, soll die Verkehrsberuhigungsmaßnahme bleiben.
Matthias Cremer

Konkret ist geplant, dass auf dem 136 Meter langen Abschnitt alle 33 Pkw-Parkplätze verschwinden. Dafür sollen in der Mitte der Straße laut Reiter "große und breitkronige" Bäume gepflanzt werden. Für Autos sei die Zufahrt zu einer Garage und zu einer Ladezone auch nach dem Umbau möglich. In Richtung Mariahilfer Straße soll die Straße aber Fußgängern vorbehalten bleiben.

Laut Reiter ist hier eine Umsetzung des Projekts möglich, weil dieser Straßenabschnitt nicht von den Bauarbeiten zum U2/U5-Linienkreuz betroffen ist. Wie berichtet wird bei der U3-Station Neubaugasse ein Umsteigeknotenpunkt zur verlängerten U2 entstehen.

Die neue U2-Station bei der Kirchengasse wird mit rund 35 Metern unterhalb des Straßenniveaus die tiefste des gesamten U-Bahn-Netzes. Eine Eröffnung wird es aber sicher nicht vor 2027 geben – eher später. Die Wiener Linien sind nach Verzögerungen bei Ausschreibungen einen aktuellen Zeitplan noch schuldig: Diesen wird es wohl nach der Wien-Wahl geben.

Das Verkehrsberuhigungsprojekt Zollergasse sei auch mit Anrainern, dem Handel und der Gastronomie entworfen worden, so Reiter. Diese Woche ergehe ein Brief an alle Haushalte im Einzugsbereich. Die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung gebe es bei geplanten kleinen Treffen sowie über ein Onlinetool.

Bäume und Wasserfilm

Die großen Rahmenbedingungen – Verkehrsberuhigung, Parkplätze weg – stehen praktisch fest. Offen ist im Verfahren aber noch, was mit dem zusätzlichen öffentlichen Platz passiert. Immerhin haben die wegfallenden Parkplätze bislang mehr als 20 Prozent der Straßenfläche eingenommen – zumindest abseits der Schanigartensaison, wo Parkplätze auch zu Lokalflächen werden.

Laut Reiter wird die aktuelle Schanigartenfläche nicht vergrößert. Wirte sollen aber die Möglichkeit erhalten, ihren Schanigarten in die künftige Straßenmitte zwischen die Bäume zu verlagern. Andere Zwischenräume sollen als konsumfreie Areale oder Kunsträume genützt werden können. Ein Thema sind auch begrünte Pergolas – sowie ein kleines Rinnsal: Wasser aus Sprudlern soll einen kleinen Wasserfilm in der neuen Fußgängerzone bilden und etwa 50 Meter in Richtung Mahü fließen und dort versickern: Aus diesem Reservoir sollen die Bäume bewässert werden.

So oder ähnlich soll die Zollergasse einmal aussehen – inklusive Bäumen, Schanigärten und konsumfreien Arealen sowie einem Wasserfilm auf der Straße. Mit Letzterem soll auch eine Kühlung erreicht werden.
Foto: Stadt Wien - Architektur und Stadtgestaltung / Grafik: Korbwurf

Befürchtungen, dass sich Anrainer – vor allem jene mit Auto – durch den Wegfall der Stellplätze überrumpelt fühlen, hat Reiter nicht. So gebe es in der Nähe drei gewerbliche Garagen und für Bezirksbewohner Angebote für Stellplätze unter dem Marktpreis. Die Kosten für den Umbau der Zollergasse beziffert Reiter mit etwa 600.000 Euro. (David Krutzler, 6.10.2020)