Wer nicht pfeifen kann, muss es schleunigst lernen: Felix (Bill Murray) gibt seiner Tochter Laura (Rashida Jones) in "On the Rocks" Nachhilfeunterricht – und weiß auch sonst viel nutzlosen Rat zu geben.

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Der Staubsaugerroboter fährt seine erratischen Bahnen durch das Schlafzimmmer, und immer dann, wenn er anstößt, macht es einen unschönen Rums. Mit lakonischen Bildern wie diesem bringt Sofia Coppola die Routinen von Laura (Rashida Jones) zwischen Kindergarten und Einschlafhilfe auf den Punkt: Alles läuft in ihrem Dasein nach einem gleichförmigen Takt ab, eigentlich halbwegs geschmeidig, und doch: Da finden sich kleine Irritationen.

Laura ist gerade Vollzeitmutter, weswegen sie als Schriftstellerin meist nur den Cursor beim Blinken überprüft. An seiner Karriere werkelt unterdessen fleißig ihr Mann Dean (Marlon Wayans). Man sieht ihn immer nur, wie er gerade aus Autos ein- und aussteigt und Küsse verteilt. Businesstrips. Moderner Familienalltag, gehobene Mittelklasse. Man wohnt in der Wooster Street, Soho, New York, das muss man sich einmal leisten können.

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In On the Rocks, dem ersten Film seit ihrem Mädchenschule-Western The Beguiled (2017), für den sie in Cannes den Regiepreis bekam, ist Coppola in ihrem Element. Lauras Aufgabe lautet, Familie, Job und erste aufkeimende Selbstzweifel mit leichtem Herzen zu meistern; das alles kennt Coppola – so viel hat sie in Interviews verraten – selbst nur zu gut. Ihre charmante Hauptdarstellerin Rashida Jones, Tochter von Jazzmusiker Quincy Jones, weiß wiederum auch über den Umgang mit einem berühmten Vater Bescheid.

Die Vaterfigur ist der Joker von On the Rocks: ein Clown, der während der Fahrt aufspringt und ab diesem Moment die Richtung des Films neu bestimmt. Coppola hat erstmals seit Lost in Translation, also 17 Jahre später, wieder mit Bill Murray gedreht. Hier tritt der inzwischen 70-Jährige als Verschlimmbesserer auf. Lauras Argwohn gegenüber Dean versucht er nämlich noch zu bestärken.

Lebemann und Mansplainer

Hat dieser sie tatsächlich mit einer anderen Frau verwechselt, als er unlängst zu ihr ins Bett gekrochen ist? Murrays Felix, Galerist, Lebemann und Mansplainer, hegt natürlich Hintergedanken. Er fährt im Cabrio mit Kaviar im Gepäck vor und weiß, wie man Kaffeekränzchen mit betuchten Damen am besten verlässt (rückwärts gehend!). In Wahrheit sucht er aber nur eine Gelegenheit, seine Einsamkeit zu mildern. Vielleicht will er auch väterliche Schuld ausgleichen.

Sein Charme ist zwar schon ein wenig angegraut – welch krude, aber gerade deshalb lustigen Theorien über die Anziehung der Geschlechter! –, doch Murray spielt das so souverän trocken, dass man Felix’ Schwächen erst bemerkt, als es eigentlich schon zu spät ist. Vertieft wird dieses Verhältnis nicht, muss es auch nicht werden, denn On the Rocks ist eindeutig mehr der Screwball-Comedy verpflichtet als einem Drama, das die sensibleren Schichten einer Vater-Tochter-Beziehung problematisiert.

Gewiefter Verführer

Unter dem Vorwand, Dean zu beschatten (und, wie er insgeheim hofft, auch seiner Untreue zu überführen), führt Felix Laura ein Stück weit in seine Welt ein. Coppola inszeniert das elegant, manchmal etwas eine Spur zu stark auf der burlesken Seite. Am schönsten sind jene Szenen, in denen man dem alten Verführer zusehen kann, wie er seine Tricks ausspielt: Nicht nur Frauen, auch Polizisten weiß er geschickt für sich einzunehmen. "It must be very nice being you", attestiert ihm Laura.

Da spricht noch immer das Mädchen, das zu ihrem Dad aufschaut – aber man hört schon deutlich den ironischen Unterton durch. Und ein bisschen meint man, auch Coppola selbst zu vernehmen, die mit ihrem Film Bill Murray eine Rolle schenkt, in der er schon betört, wenn er nur den Mund zum Pfeifen schürzt. Dass das im jäh überstürzten Ende nicht mit einer Kritik an überkommenen Männlichkeitsbildern zusammengeht, versteht sich da irgendwie von selbst. (Dominik Kamalzadeh, 6.10.2020)