Liveticker: Thiem vs. Schwartzman im Viertelfinale, 3. Partie nach 11 Uhr

Jetzt ist Alex Stober gefragt. Der Deutsche ist der Physiotherapeut von Dominic Thiem und hat dieser Tage in Paris alle Hände voll zu tun. Der zu knetende Österreicher musste am Sonntag im Achtelfinale der French Open gegen einen widerspenstigen Hugo Gaston Überstunden schieben, ehe er nach fünf Sätzen den Court Philippe Chatrier als Sieger verließ. Das französische Schlitzohr quälte Thiem mit unzähligen Stopps, das ging in die Beine. "It’s all about recovery", sagte der US-Open-Champion später bei der Pressekonferenz. Die vergangenen Wochen seien körperlich eine Herausforderung gewesen.

Bild nicht mehr verfügbar.

Dominic Thiem spielt in Roland Garros um sein fünftes Halbfinale in Folge. 2018 und 2019 verlor der Österreicher das Endspiel jeweils gegen die spanische Tennis-Ikone Rafael Nadal.
Foto: Reuters/Hartmann

Ja, man muss Thiem wieder herrichten, auf Vordermann bringen. Während Titelverteidiger Rafael Nadal bisher so auftritt, als wäre er direkt aus der Sommerfrische angereist, zeigte Thiem bei seinem vierten Auftritt im Bois de Boulogne erstmals Wirkung. Bis zum Viertelfinale soll der 27-Jährige wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein, Stober ist Optimist: "Gefühlsmäßig hat er das Match weggesteckt. Es war ein guter Test, eine völlig neue Erfahrung gegen einen Spieler, der Dominic fast an den Rande des Wahnsinns gebracht hat."

Großer Kleiner

Der Gegner am Dienstag (3. Partie nach 11 Uhr/ORF 1) heißt Diego Schwartzman. Der Argentinier steht auf Rang 14 der Weltrangliste und hat im laufenden Turnier noch keinen Satz abgegeben. In Rom hat der 28-Jährige zuletzt Nadal in zwei Sätzen geschlagen. Das macht sich gut im Lebenslauf, das ringt der Tenniswelt Respekt ab. "Grande Peque!", titelte die argentinische Tageszeitung El Dia. "Großer Kleiner" also, eine Anspielung auf 1,70 Meter Körpergröße.

Eben die Frage nach der für einen Profi unterdurchschnittlichen Größe wird Schwartzman häufig gestellt. Er nimmt es gelassen: "Wenn ich auf einen Tennisplatz gehe, denke ich nicht daran, wie groß ich bin oder wie viel größer mein Gegner ist. Ich weiß, dass es einen Unterschied gibt, aber was nun? Wenn ich zehn oder gar 15 Zentimeter größer wäre, hätte ich vielleicht einen besseren Aufschlag. Aber meine Größe wird sich nicht ändern. Ich werde nie mit der Größe von John Isner oder Ivo Karlovic aufwachen."

Was die über zwei Meter großen Isner oder Karlovic mit ihrem brachialen Aufschlag ausrichten, muss Schwartzman, der nach Fußball-Legende Diego Maradona benannt ist, mit anderen Qualitäten wettmachen. "Er ist sicher einer der besten Returnspieler", sagt Thiem über seinen Kontrahenten, "ich werde bei meinem Service nur wenig freie Punkte bekommen."

Bewegte Geschichte

Die Geschichte der jüdischen Familie Schwartzman ist eine bewegte. Im Holocaust wurde sein polnischer Urgroßvater in einen Zug Richtung Konzentrationslager gepfercht. Die Kupplung, die zwei Wagen des Zuges verband, brach, der Urgroßvater konnte entkommen und brachte seine Familie mit dem Boot nach Argentinien. "Wenn ich nur daran denke, wird mir klar, wie schnell sich das Leben ändern kann", sagt Schwartzman.

Mit Dominic Thiem verbindet den Mann aus Buenos Aires eine langjährige Freundschaft. "Da rennt der Schmäh", sagt der Niederösterreicher. Auf dem Platz ist dann aber Schluss mit lustig. Achtmal haben die beiden bereits gegeneinander gespielt, sechsmal behielt Thiem die Oberhand, zuletzt dreimal in Folge, unter anderem im Finale der Erste Bank Open 2019 in Wien. Der Sieger der Partie trifft am Freitag im Halbfinale auf den zwölffachen Paris-Sieger Rafael Nadal oder den aufstrebenden Italiener Jannik Sinner.

"Ich muss alles perfekt machen, er spielt das beste Tennis seiner Karriere. Ich glaube, dass er nach den US Open sehr viel Selbstvertrauen hat", sagt Schwartzman. Thiem widerspricht nicht: "Ich habe sehr viel Selbstvertrauen. Wenn ich voll regeneriere, dann wird das wieder ein richtig gutes Match." (Philip Bauer, 5.10.2020)