Der Anwalt des australischen Kardinals George Pell fordert eine internationale Untersuchung, nachdem Medien über Zahlungen des Vatikans zur Beeinflussung von Anklägern berichtet haben.

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Robert Richter, Anwalt des australischen Kardinals George Pell, fordert eine internationale Untersuchung, nachdem italienische Medien über angebliche Zahlungen des Vatikans auf australische Konten zur Beeinflussung von Anklägern beim Missbrauchsprozess gegen Pell berichtet haben. Drahtzieher der Zahlungen war laut den Medienberichten angeblich der zurückgetretene Kurienkardinal Angelo Becciu, der Pell als Erzfeind betrachtet habe.

700.000 Euro überwiesen

Im Gespräch mit australischen Medien betonte Pells Anwalt, dass die Justizbehörden in Australien und im Ausland den Vorwürfen nachgehen sollten. Italienischen Presseberichten zufolge sollen in den vergangenen Jahren circa 700.000 Euro von Konten des Vatikan nach Australien geflossen sein. Die Geldüberweisungen seien angeblich in einem Dossier mit Beweisen dokumentiert, das von Ermittlern und Staatsanwälten des Vatikans gegen Kardinal Becciu zusammengestellt worden sei, berichteten italienische Medien.

Am 24. September wies Papst Franziskus Kardinal Becciu an, von seinem Amt in der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse zurückzutreten und die Rechte und Privilegien eines Kardinals abzulegen. Der Papst fasste den Beschluss, nachdem ihm offenbar Berichte über finanzielle Vergehen vorgelegt worden waren. Becciu bestreitet alle Vorwürfe und beteuert seine Unschuld.

Rückblick

Die Anwältin eines Ex-Chorknaben, der Pell des sexuellen Missbrauchs beschuldigt hatte, bestritt, dass ihr Mandant Geld aus dem Vatikan erhalten habe, wie die Tageszeitung "The Australian" berichtete. Im März 2019 war der frühere Erzbischof von Melbourne wegen Missbrauchs zweier Chorknaben in den 1990er-Jahren zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das höchste australische Gericht gab dann jedoch am 7. April dem Berufungsantrag des Kardinals mangels Beweisen statt. Pell wurde daraufhin nach rund 13 Monaten in Haft aus dem Gefängnis entlassen. Er war der bisher ranghöchste Geistliche in der Geschichte der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war. Pell hält sich seit vergangener Woche in Rom auf. (APA, 6.10.2020)