Blutspenden soll noch dieses Jahr "vollständig diskriminierungsfrei" werden, kündigt Gesundheitsminister Anschober an.

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Wien – Derzeit sind in Österreich Männer, die in den vergangenen zwölf Monaten Sex mit Männern (MSM) hatten, von der Blutspende ausgeschlossen. Zuletzt haben etwa die Neos eine Petition für eine "diskriminierungsfreie Blutspende" gestartet. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will dies nun umsetzten. Die Anpassung soll laut einer Aussendung noch "in diesem Jahr" erfolgen.

Ermöglicht werden soll dies via Änderung des österreichweit einheitlichen Blutspenderfragebogens, der seit vergangenem Jahr eingesetzt wird. Im standardisierten Anamnesebogen wird sexuelles "Risikoverhalten" abgefragt. Homosexuelle und bisexuelle Männer, die in den zwölf Monaten vor der Blutspende Sex mit Männern hatten, werden dadurch ausgeschlossen – ebenso wie Frauen, die in diesen zwölf Monaten Sex mit MSM hatten. Begründet wird das mit der Qualitätssicherung von Blutprodukten im Hinblick auf die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten.

Änderung noch 2020

Das Ziel sei nun, die Rückstellzeit von zwölf Monaten zu senken. In mehreren europäischen Ländern wurde dies bereits gemacht. So sind etwa in Großbritannien Blutspenden für homo- und bisexuelle Männer ohne Einschränkung möglich, Dänemark hat die Befristung für den Ausschluss in diesem Jahr auf vier Monate reduziert, und auch in Deutschland wird eine Senkung der Befristung bereits diskutiert.

"Im Mittelpunkt sollte die Qualität der Blutprodukte stehen, und diese wird durch das individuelle Verhalten der Spenderinnen und Spender beeinflusst und nicht durch deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Deshalb habe ich die Blutkommission beauftragt, die Ausschlusskriterien zu überprüfen und Vorschläge zu erarbeiten, wie die Blutspende – unter Maßgabe der Sicherheit für die Empfängerinnen und Empfänger – in Österreich künftig vollständig diskriminierungsfrei ermöglicht werden kann", betonte Anschober in einer Aussendung am Dienstag.

Die Petition der Neos zielte auf eine Änderung der Blutspenderverordnung ab. Dies ist aus Sicht des Gesundheitsministeriums nicht erforderlich. Vielmehr soll eben der standardisierte Anamnesebogen, der vor einer Blutspende ausgefüllt werden muss, angepasst werden. Das soll noch 2020 erfolgen. "Blut spenden heißt Leben retten – niemand soll aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität davon ausgeschlossen werden", konstatierte Anschober.

Opposition überrascht, aber erfreut

Für die Neos kommt das "plötzliche Einsehen" des Gesundheitsministers überraschend, habe er sich doch erst vergangene Woche bei einer Stellungnahme zur Petition negativ geäußert. Initiator Yannick Shetty, LGBTIQ-Sprecher der Neos, zeigt sich dennoch erfreut: "Unsere Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt." Er wolle jedenfalls darauf achten, dass es sich bei der Zusage Anschobers nicht nur um "Wahlkampfgetöse" handle.

Weniger optimistisch zeigte sich hingegen Mario Lindner, der Vorsitzende der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation Soho. Auch die SPÖ hatte eine Petition für die diskriminierungsfreie Blutspende gestartet, Anschober sei nun nach großer Empörung "zurückgerudert". Die Ankündigung, geltende Ausschlusskriterien zu überprüfen, hält er für "Augenauswischerei". Es müsste lediglich das individuelle Risikoverhalten jeder Person im Fragebogen verankert werden, um die Diskriminierung zu beenden, meinte Lindner. (APA, red, 6.10.2020)