Im August hatte sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier noch starkgemacht für Thyssenkrupp. Am Dienstag wiegelte er Forderungen der IG Metall ab.

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Essen – Die IG Metall sieht die Stahlsparte von Thyssenkrupp in einer existenzgefährdenden Krise und hat den Staat zum Eingreifen aufgefordert. "Thyssenkrupp Steel kann es allein nicht schaffen", sagte IG-Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner am Dienstag in einer Pressekonferenz. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (NRW), Armin Laschet (CDU), sei jetzt gefordert.

Auch eine Bundesbeteiligung halten die Metallgewerkschafter für möglich. Bei anderen Unternehmen sei aber auch das Land beteiligt, fügte Kerner hinzu, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef des Ruhrkonzerns ist. Die Bundesregierung reagierte kühl. "Ich glaube nicht, dass Verstaatlichung im Augenblick die richtige Antwort ist", sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Bis Corona "auf gutem Weg"

Die Stahlsparte sei vor der Corona-Krise auf einem guten Weg gewesen, betonte Kerner, die Einbußen durch die Krise hätten jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es gebe einen massiven Liquiditätsabfluss. Der Staat müsse die Liquidität sichern. Was die Größenordnung der Beteiligung und die genaue Ausgestaltung betrifft, sei die IG Metall offen. Es müsse zunächst einmal eine Grundsatzentscheidung der Politik geben, dass man dem Unternehmen helfen wolle. Viel Zeit bliebe dafür nicht. "Das Land NRW muss einen Schutzschirm über die 27.000 Beschäftigten ziehen", betonte Stahlbetriebsratschef Tekin Nasikkol. Am 16. Oktober wollen die Stahlkocher auf einer Demonstration auf den Düsseldorfer Rheinwiesen Druck machen.

Laschet winkt ab

Die Stahlsparte von Thyssenkrupp ist von der Corona-Krise schwer getroffen worden. Hinzu kommen Überkapazitäten der Branche in Europa, die zunehmende Konkurrenz von Billigherstellern aus Fernost, aber auch hausgemachte Probleme. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres hatte Thyssenkrupp Steel Europe einen operativen Verlust von rund 700 Millionen Europe eingefahren.

NRW-Ministerpräsident Laschet hatte am Vormittag erklärt, er sehe derzeit keinen Grund für einen Staatseinstieg bei Thyssenkrupp. Es gehe vor allem darum, dem Konzern beim Umstieg auf eine Wasserstoff-getriebene Stahlproduktion zu helfen. Damit wolle man das Unternehmen in seiner "Substanz" unterstützen. "Deshalb stehen staatliche Beteiligungen derzeit nicht auf der Tagesordnung", sagte Laschet. Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte, die bekannten Probleme der Stahlbranche könnten so nicht gelöst werden. Stattdessen brauche man Wettbewerbsmodelle für die Zukunft. Alle Unternehmen seien bereit, den Weg hin zu klimafreundlicher Stahlproduktion zu gehen. "Wir sind auch bereit, diesen Weg finanziell zu unterstützen."

Strategie anpassen

Thyssenkrupp will sich weiter mehrere Optionen offenhalten. "Um der spezifischen Marktsituation beim Stahl gerecht zu werden und den Auswirkungen von Corona zu begegnen, arbeiten wir derzeit an Anpassungen in der Umsetzung der Stahlstrategie 2030", sagte ein Sprecher. Dazu gehörten auch weitergehende Kostensenkungen. Oberstes Ziel bleibe, das Stahlgeschäft zukunftsfähig zu machen. Für eine nachhaltige Zukunftsfähigkeit beim Stahl und die Transformation hin zu klimaneutraler Produktion brauche es aber auch entsprechende politische Rahmenbedingungen und staatliche Unterstützung – im Zusammenspiel mit einem industriellen Konzept. Deshalb sei man unverändert in Gesprächen mit industriellen Partnern. (Reuters, red, 6.10.2020)