Österreichher trennen bereits fleißig Plastikflaschen. Doch um EU-Vorgaben sicher zu erreichen, will Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf ein Pfandsystem setzen.

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Wien – Die Farbe Gelb sorgt in der türkis-grünen Koalition wieder für Zwist. Dabei geht es nicht um die Corona-Ampel, sondern die gelbe Tonne und das gelbe Sackerl, die der Mülltrennung von Verpackungsmaterial aus Plastik dienen. Geht es nach Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), soll das alte Sammelsystem für Plastikflaschen durch ein Einwegpfand abgelöst werden.

Der türkise Koalitionspartner drückt bei dem Projekt auf die Bremse. Die ÖVP folg damit den Bedenken der Unternehmen, deren offizielle Vertreter in der Wirtschaftskammer (WKO) zu hohe Kosten für kleine Betriebe und die Konsumenten befürchten. Zuletzt griffen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) das Thema auf oberster Ebene auf. Ergebnisse des Austauschs blieben der Öffentlichkeit vorenthalten.

Hintergrund sind Vorgaben der EU, wie viel Plastikmüll künftig gesammelt werden muss. Bis 2029 müssen 90 Prozent aller Plastikflaschen getrennt gesammelt werden. Auch müssen bis 2025 zumindest die Hälfte aller Kunststoffverpackungen recycelt werden. Darüber hinaus wird Plastikmüll künftig von Brüssel direkt besteuert.

Ab 2021 müssen die EU-Mitglieder für jedes nicht recycelte Kilogramm Plastikverpackung eine Abgabe von 80 Cent zahlen. Für Österreich würde das Zahlungen von 160 bis 180 Millionen Euro im Jahr bedeuten, die laut Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) direkt aus dem Budget abgegolten werden. Österreich zählt laut der Umweltorganisation Global 2000 innerhalb der EU zu den unrühmlichen Spitzenreitern unter den Verursachern von Plastikmüll. Andererseits recyceln die Österreicher auch ohne Pfandsystem schon recht fleißig: Drei von vier Plastikflaschen (PET) finden ihren Weg in die Wiederverwertung.

Richtungsstreit der Mülltrenner

Dass auch hierzulande gehandelt werden muss, ist unbestritten. Nur sträubt sich die WKO, die in ihrer Argumentation wesentlich der Austria Altstoff Recycling (ARA) folgt, gegen "teure Parallelstrukturen", wie es in Aussendungen heißt. Laut ARA entstünden durch ein Pfandsystem Mehrkosten in Höhe von 60 Millionen Euro. Damit würde man nur einen Teilbereich abdecken, denn Plastikflaschen machen 14 Prozent des Kunststoffabfalls aus. An einer Gesamtstrategie führt nichts vorbei, lautet das Argument, das Pfand könne man sich dabei sparen.

Das lässt Umweltministerin Gewessler nicht gelten. Dank einer Bearbeitungsgebühr, die an die Handelsunternehmen geht, würde sich das System für die Betriebe selber finanzieren statt Mehrkosten zu verursachen. Außerdem seien Ausnahmen für kleine Geschäfte vorgesehenen, die nicht so leicht einen teuren Automaten aufstellen können.

Das Thema hat in den letzten Tagen Wellen geschlagen, weil ein baldiger Showdown kolportiert wurde. Ein für Dienstag geplantes Treffen mit Stakeholdern wurde allerdings abgesagt, weil Gewessler sich in Selbstisolation begab, nachdem ein Mitarbeiter im Kanzleramt positiv auf Covid getestet worden war. Bleibt es beim ursprünglichen Zeitplan, soll ein Plan bis Jahresende auf dem Tisch liegen. (Leopold Stefan, 6.10.2020)