In Zeiten von Corona gehört der Blick auf das Dashboard mit den täglich aktualisierten Infektionszahlen für viele Menschen zum Alltag. Nun ändert sich die Erfassung der Daten: eine lange geplante Neuerung. Die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) übernimmt das Dashboard vom Gesundheitsministerium. Die neuen Tageszahlen sollen jeweils um 14 Uhr veröffentlicht werden. Was heißt das in der Praxis?

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Kanzler Kurz (links) und Gesundheitsminister Anschober erklären die Lage.
Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Frage: Was genau ist an den Zahlen respektive an ihrer Erfassung jetzt anders?

Antwort: Es wird zum Beispiel im Vergleich zu den bisherigen Dashboard-Zahlen des Gesundheitsministeriums die Zahl von Menschen mit aktiven, also nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen beträchtlich steigen. Am Dienstag wies das Dashboard des Gesundheitsministeriums 9.207 Covid-19-Infektionen in Österreich aus – ein Rekordwert seit Beginn der Pandemie. Laut der neuen Ages-Zählung waren es hingegen 11.274 Fälle – über 2.000 mehr. Auch die Zahl der Covid-19-Toten wird laut Ages-Statistik leicht steigen. Am Dienstag waren es um elf an Corona Verstorbene mehr als laut der alten Erhebung.

Frage: Wie kommt das?

Antwort: Laut einem Sprecher von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat die höhere Gesamtzahl der Coronavirus-Infizierten mit dem verzögerten Einmelden genesener Personen ins Epidemiologische Meldesystem (EMS) zu tun, welches von den Bezirksbehörden bestückt wird. Das neue Ages-Dashboard stützt sich allein auf diese Daten, während das bisherige Dashboard als Grundlage die täglichen Meldungen aus den Bundesländern ans Innenministerium hatte.

Frage: Was genau hat die Zahl genesener Personen mit dieser Steigerung zu tun?

Antwort: Die Genesenen müssen Fall für Fall in das EMS-System eingespeist, also händisch eingegeben werden. Das erledigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bezirksverwaltungsbehörden oder in den Testlabors. Laut einem Anschober-Sprecher "dauert das seine Zeit" – während für das Dashboard des Gesundheitsministeriums die täglichen Gesamtnennungen Infizierter übernommen wurden, die allmorgendlich aus den Bundesländern dem Innenministerium gemeldet werden. Sie standen sofort in vollem Umfang zur Verfügung, waren aber unpräzise. Es kann also eine gewisse Zeit dauern, bis sich die Gesamtzahl der Corona-Infizierten wieder dem Level des alten Dashboards angeglichen hat.

Frage: Warum wird das Ages-Dashboard mehr Corona-Tote ausweisen?

Antwort: Weil die Ages hier den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) folgt. Sie zählt fast alle mit einer Covid-19-Infektion Verstorbenen als Corona-Tote, außer es gibt eine eindeutige alternative Todesursache, die nicht mit der Covid-Erkrankung in Zusammenhang gebracht werden kann – etwa ein körperliches Trauma infolge eines Unfalls.

Frage: Heißt das, dass es am Dienstag in Österreich tatsächlich um über 2.000 aktive Corona-Infizierte und um elf Corona-Tote mehr gab, als das Gesundheitsministerium auswies?

Antwort: Was die Corona-Infizierten angeht: nein – denn diese Menschen sind ja schon wieder gesund, aber als solche leider noch nicht statistisch erfasst. Bei der Zahl der Corona-Toten wiederum geht es um eine Frage der Definition. Bei mehrfach vorerkrankten, sehr alten Menschen mit einem Coronavirus-Nachweis wird damit die Frage der Todesursache vereinfacht. Die WHO-kompatible Zahl hat immerhin den Vorteil, dass die Zahl international vergleichbarer wird – soweit sich die anderen Staaten auch an die WHO-Definition halten.
Überhaupt kann jede Fallstatistik nur jene Corona-Infektionen und Covid-19-Erkrankungen darstellen, die getestet oder aufgrund der Symptomatik als solche erkannt wurden. Das tatsächliche Infektionsgeschehen wird dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erfasst.

Frage: Wird sich im neuen im Vergleich zum alten Dashboard auch an der Zahl der täglich Neuinfizierten etwas ändern?

Antwort: Laut Gesundheitsministerium kann etwa Meldeverzug in den Labors am Wochenende einen Einfluss auf diese Zahl haben, aber nur in unbeträchtlichem Ausmaß.

Frage: Warum belässt man die Erfassungsart der Fälle eigentlich nicht beim Alten?

Antwort: Laut Ages ist die EMS-basierte Erfassung zum Beispiel weniger von allfälligen Meldeverzögerungen aus den Bundesländern abhängig. Der zur Analyse der epidemiologischen Weiterentwicklung wichtige Sieben-Tage-Durchschnitt der Zahl Neuinfizierter, die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz, werde dadurch aussagekräftiger.

Frage: Aber immerhin wird die Zählmethode vereinfacht und vereinheitlicht – oder?

Antwort: Nicht unbedingt, denn neben der neuen Ages-Zählung, die täglich um 14 Uhr veröffentlicht wird, wird es weiter täglich um 9.30 Uhr eine Meldung der Fallzahlen aus dem Innenministerium geben. Auch die stündlich erneuerten Fallzahldaten wird es wie bisher geben – laut Gesundheitsministerium unter anderem ein Service für Datenjournalistinnen und -journalisten. (Irene Brickner, 7.10.2020)