Georg Schnitzer und Peter Umgeher und ihre neue Glasserie, die mitten im siebenten Bezirk von der Glashütte Comploj produziert wird.

Foto: Nathan Murrell

"Zum Glück waren wir bereits während des Lockdowns im Frühling mit ein paar langfristigen Projekten beschäftigt, an denen wir zum Teil immer noch arbeiten. Klar waren wir anfangs durch diese neue Situation wie alle etwas gestresst, aber unterm Strich hat die Krise sogar etwas Tempo herausgenommen. Das liegt daran, dass Fristen für das eine oder andere Projekt verlängert wurden.

Also kann man von ein bisschen Glück im Unglück sprechen. Hinzu kommt, dass wir zwei allein arbeiten, das heißt, der Faktor Personalkosten fällt weg. Wir können sogar sagen, dass wir ein sehr gutes Jahr hinter uns haben, auch wenn es skurril klingt. Natürlich wissen wir auch nicht, wie es weitergehen wird. Bislang flatterten Projekte ohne Akquise ins Studio und gingen zeitlich ineinander über. Man wird sehen, ob das so bleibt.

Bei einem der angesprochenen Projekte handelt es sich um ein Besucherzentrum für eine touristische Erlebniswelt, die im kommenden Frühjahr eröffnet wird, das andere ist ein Gestaltungsentwurf für das Wiener Galerienfestival Curated by, das vor kurzem über die Bühne gegangen ist.

Durch die monatelange Ungewissheit, wie das Festival heuer aussehen würde, hat sich einiges ins Digitale, zum Beispiel auf die Website, verlagert. Auch das macht Corona. Und dann gibt’s noch Geschichten, über die wir gar nicht sprechen können. Noch nicht.

Neue Fragen stellen

Aus der Vogelperspektive betrachtet müssen natürlich auch in der Welt des Designs neue Fragen gestellt werden. Für uns lautet gerade jetzt noch stärker die wichtigste: ‚Woher kommen die Dinge?‘ Man sollte die Wahrnehmung in Sachen Herkunft schärfen, das heißt danach fragen, wer macht etwas und wie machen er oder sie das?

Es kann doch nicht weiter darum gehen, wer ein Produkt weiß Gott wo am billigsten und schnellsten produzieren kann. Es muss ein Anliegen werden, die Wertschätzung und die Wertschöpfung der heimischen Wirtschaft mehr in den Vordergrund zu stellen.

Die Verlangsamung, die wir alle gezwungen waren zu durchleben, hatte ja auch etwas Gutes, das es wert ist zu reflektieren. Was die Produkte und Shop-Ketten betrifft, ähneln sich die Städte immer mehr. Es wäre doch schön, wenn es vermehrt Objekte gäbe, die man nur in ‚seiner‘ Stadt bekommt. Das ist einer der Gedanken, den wir weiterspinnen wollen. Etwas zu schaffen, das von hier kommt und nicht von irgendeiner Brand stammt, die jeder kennt und die die meisten schon satthaben.

Bauer und Brot

Bei landwirtschaftlichen Produkten hat man gerade während der Krise sehr schön gesehen, dass diese regionale Belieferung inklusive Zustellservice wunderbar funktionieren kann. Erinnern Sie sich daran, wie plötzlich die Bauern vermehrt mit ihren Gütern in die Stadt kamen? Oder nehmen Sie das Beispiel Brot her. Immer mehr Menschen gehen zu Bäckern, bei denen sie zuschauen können, wie ihr Brot gemacht wird.

Viele Dinge haben mittlerweile mehr Aufmerksamkeit erfahren, und diese Perspektive ist auch für uns Designer gut, denn all das kann auch bei der Produktion von Alltagsgegenständen funktionieren.

Wir arbeiten zum Beispiel gerade mit einer Glashütte namens Comploj, die im siebenten Bezirk produziert. Wer weiß schon, dass es so etwas gibt? Mitten in der Stadt! Unsere Gläser kann man dort kaufen. Es ist also durchaus möglich, mitten in der Stadt Design-Objekte zu produzieren, und der Konsument kann den Prozess vor Ort unter die Lupe nehmen.

Dadurch steigt die Wertschätzung eindeutig, der Kunde sieht nämlich nicht eine Maschine, die alle drei Sekunden etwas ausspuckt, sondern beobachtet einen Handwerker bei dessen professionellen Arbeitsschritten. Die eingefahrenen Strukturen ein Stück weit zu durchbrechen könnte auch die Abhängigkeit von Großkonzernen verringern. Klar ist das auch eine Frage von Solidarität.

Und abgesehen davon würde die Entwicklung dazu beitragen, dass Designer nicht mehr nur klassische Dienstleister sind, sondern auf mehreren Ebenen arbeiten, sei es dadurch, selbst zu produzieren, oder sei es stärker als Kuratoren in den Vordergrund zu rücken, schließlich ist es Teil des Wesens von Designern, mit Problemen umzugehen und Lösungen zu finden. Und danach gibt’s jede Menge Bedarf." (Michael Hausenblas, RONDO, 27.12.2020)