Treten der rote Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und der schwarze Wirtschaftskammerchef Walter Ruck auf, gibt es keine parteipolitischen Anwürfe. Statt Trennendes zu betonen, werden gemeinsame Vorhaben präsentiert – ob Gastro-Bon, digitale Gästeregistrierung in Lokalen oder ein Beteiligungsfonds für Firmen in der Corona-Krise. Da kann auch Intensivwahlkampfzeit sein.

Bürgermeister Michael Ludwig (l.) und Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck (r.)
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Anders Rucks Parteifreund Gernot Blümel. Der türkise Spitzenkandidat lässt keine Gelegenheit aus, sich von seinem Kontrahenten Ludwig abzugrenzen. Während Blümel Wien als "Sozialmagneten" kampagnisiert, meint Ruck: "Wien ist eine wunderbare Stadt. Ich möchte in keiner anderen leben."

Eine SPÖ-ÖVP-Koalition nach der Wahl am Sonntag ist so wahrscheinlich wie die Fortsetzung von Rot-Grün – zumindest, wenn es nach nackten Zahlen geht. Realistisch ist SPÖ-ÖVP nur dann, wenn der schwarze Wirtschaftsflügel im türkisen Gefüge mehr Macht erhält. Denn Blümel ist als Ludwigs Vize nicht vorstellbar. Sollte Ruck bei seinem Wort bleiben und der Stadtpolitik fernbleiben, ist nur ein Kompromisskandidat tragbar, der sowohl Schwarz als auch Türkis kann.

Ruck kann auf seine Achse mit der Ludwig-SPÖ aber auch dann bauen, wenn die ÖVP in Opposition bleibt. Gemeinsame Wirtschaftsprojekte sind auch so möglich. Und Kanzler Sebastian Kurz bliebe Wien als Reibebaum erhalten. Das entscheidet, heißt es unisono aus der ÖVP, aber einzig und allein Kurz. (David Krutzler, 7.10.2020)