Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht, was die gemeinsame Bewältigung der Corona-Krise durch EU-Institutionen und die Mitgliedsstaaten in einem Bereich betrifft, der für die Bürger wichtig ist: die Reisefreiheit.

Die gemeinsame Corona-Lösung der EU sieht nach Minimalkonsens aus.
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Zuerst die gute Nachricht: Alle Beteiligten schicken sich an, in das Wirrwarr von Reisewarnungen, Grenzsperren, Quarantänevorschriften bzw. Basiszahlen zu Infektionen Ordnung zu bringen. Wird auch Zeit. Immerhin ist es sechs Monate her, seit die ersten Staaten nach Ankunft der Pandemie in Italien begonnen hatten, sich von ihren Nachbarn zu isolieren. Man soll nicht nachtragend sein. Wenn die Regierungschefs endlich kapiert haben, dass Binnenmarkt, offene Grenzen und Reisefreiheit für Arbeitnehmer wie Touristen tragende Säulen sind, Sanitärbarrikaden aber unser aller Freiheit und Wohlstand bedrohen, dann ist das gut. Die EU-Verträge sind nicht dazu gemacht, eine Pandemie in Europa wirksam zu stoppen.

Damit kommen wir leider zur schlechten Nachricht: Was bisher an "gemeinsamer Lösung" vorgesehen ist, sieht nach Minimalkonsens aus. Nur Regionen mit geringster Infektionsbelastung, "grüne Zonen", sollen wechselseitig gleichbehandelt werden. Wo es kritisch und heikel wird, sollen weiter nur nationale Maßnahmen greifen. Eine Alibiaktion, die an das Scheitern bei der EU-Migrationspolitik erinnert. Solange Staaten nicht bereit sind, nationale Kompetenzen ins Gemeinsame zu übertragen, lassen sich komplexe Probleme nicht lösen. (Thomas Mayer, 7.10.2020)