Österreichs Wirtschaft ist in den vergangenen Monaten Achterbahn gefahren, und die Wiener Stadtregierung saß vorn mit im Wagen. Zunächst kam der tiefe Corona-Crash, dann setzte eine Erholung ein. Doch noch immer ist die Krise nicht überwunden, was nirgendwo so deutlich sichtbar wird wie am Arbeitsmarkt. 165.500 Menschen sind aktuell beim AMS in Wien arbeitslos gemeldet, das sind um fast ein Drittel mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote liegt bei 14 Prozent, und auch bei der Beschäftigung gab es einen Rückgang.

Wie soll der Jobmarkt wiederbelebt werden? Das war eine zentrale Frage im Wiener Wahlkampf. Alle Parteien versuchen, in ihren Programmen Antworten darauf zu geben. Um diese bewerten zu können, ist es wichtig, ein paar wesentliche Fakten festzuhalten:

· Egal wer Wien künftig regiert, die Lage am Arbeitsmarkt in der Stadt ist davon abhängig, wie sich die Wirtschaft insgesamt entwickelt, wie viel konsumiert wird und wie die Exporte laufen. Die Möglichkeiten in der Stadt, etwas zu ändern, sind also begrenzt.

· Am Jobmarkt gab es schon vor Corona Probleme. Die Zahl der Beschäftigten stieg zwar in den vergangenen Jahren an, konnte aber mit dem Bevölkerungswachstum nicht mithalten.

· Die Gruppe der Arbeitslosen ist heterogen, das heißt aber nicht, dass es nicht einige zentrale Merkmale gibt. Die Wiener Arbeitslosen finden im Schnitt lange keine Stelle. Aktuell sind es laut AMS zehn Monate. Das Problem ist konzentriert bei Menschen, die nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen: Fast jeder zweite Arbeitslose fällt in diese Kategorie. Dazu kommt, dass 30.000 Menschen ohne Job laut AMS mit gesundheitlichen Einschränkungen kämpfen. In einer Stadt mit vielen Einwanderern sind auch unter den Jobsuchenden viele Migranten. Gerade diese Gruppe kämpft öfter mit Diskriminierung. Sprich: Die Voraussetzungen für Arbeitslose, zurück in den Arbeitsmarkt zu finden, sind oft nicht einfach.

Investieren ist nicht genug

Was sagen Experten, wie ließe sich der Arbeitsmarkt beleben? Helmut Mahringer vom Wifo meint, dass die Stadt investieren müsse, um Jobs zu schaffen. Das kann bedeuten, den Ausbau öffentlicher Infrastruktur zu forcieren. Möglich sind aber auch Investitionen in die Digitalisierung. Auch die Verwaltung könne ein Hebel sein.

Die beschriebenen schwierigen Umstände vieler Arbeitssuchender bedeuten aber, dass es allein auf diesem Weg nicht gehen wird. Schlecht ausgebildete Langzeitarbeitslose sind selbst in der Hochkonjunktur nicht begehrt. Mahringer plädiert daher für gezielte Förderprogramme für Jobsuchende und für Weiterqualifizierungen.

Foto: Corn

Was schlagen die Parteien nun vor? Die Bandbreite an Ideen ist groß, die Konzepte unterscheiden sich auch in der Tiefe: Manche Ideen sind breit ausgeführt, andere gar nicht. Die FPÖ zum Beispiel fordert in ihrem kurzen Programm eine Entbürokratisierung und will Demos in Einkaufsstraßen verbieten. Wie genau das Jobwachstum angekurbelt werden soll, bleibt offen. Das Team HC Strache fordert viel, aber auch nur in Überschriftenform und fast nur Dinge, die nicht umsetzbar sind in Wien. So etwa eine Schließung von Teilen des Arbeitsmarkts für Migranten. Das wäre EU-rechtswidrig.

Mehr gibt es bei SPÖ, Grünen, ÖVP und Neos. Alle Parteien eint, dass sie investieren wollen. Für die Grünen ist das ein klarer Schwerpunkt: Investitionen in Klimaschutz. Die ÖVP will in jedem Bezirk ein Investitionsprojekt umsetzen, fordert den Breitbandausbau. Die SPÖ verspricht ebenfalls zu investieren, propagiert den U-Bahn-Ausbau und hat am Mittwoch nachgelegt und angekündigt, eine Reihe von Investitionen vorzuziehen. Auch die Neos wollen Jobs durch Investitionen schaffen, ohne weitere Details zu nennen.

Zur Finanzierung fehlen nähere Angaben zumeist. Wobei wahrscheinlich schon ausreichend wäre zu sagen, ob die Parteien bereit wären, Investitionen über neue Schulden zu finanzieren. Den Gemeinden drohen durch Corona hohe Verluste, die Steuereinnahmen sinken, auch die Kommunalsteuer, die wichtigste Einnahmequelle, bringt weniger Geld. SPÖ und Grüne hatten zumindest in der Vergangenheit kein prinzipielles Problem mit Schulden, Neos und ÖVP schon eher. Die SPÖ kündigte am Mittwoch auch an, dass sie sehr wohl plane zusätzliche "Fremdmittel" aufzunehmen.

Entlasten oder fördern

Neben Investitionen gibt es weitere Vorschläge. ÖVP und Neos wollen Wachstum durch Entlastung schaffen, die ÖVP will die U-Bahn-Steuer in Wien streichen, die Neos sprechen von fast 100 Millionen Euro, die sich Unternehmen durch die Streichung kleinerer Steuern ersparen könnten. Spannend wäre zu erfahren, wie sich das mit den Investitionen gemeinsam ausgehen soll. Steuersenkungen führen zudem nicht automatisch zu mehr Jobs.

Die ÖVP will außerdem Tourismusregionen schaffen, in denen Sonntagsöffnungen erlaubt sein sollen. Das soll mehr Umsatz bringen. Und: Die Stadt soll einen Lehrlingsbonus an Unternehmen zahlen, um Lehrstellen zu sichern, so wie das der Bund macht.

Die SPÖ dagegen will mit dem sozialen Aspekt punkten: Sie verspricht den Ausbau von Förderungen, die Unternehmen bekommen können, wenn sie Menschen über 50 beschäftigten, die länger arbeitslos sind. Was fehlt, sind Zahlen dazu. Massenprogramm ist das nämlich keines, es geht um etwa 1000 neue Plätze bis Ende 2021. Zudem hat die Stadt in überbetriebliche Lehrstellen investiert – die Zahl der Lehrstellensuchenden ist nicht weiter gestiegen, die SPÖ verspricht das weiter zu forcieren.

Zu den grünen Kernforderungen gehört eine 35-Stunden-Woche für Beschäftigte der Stadt bei vollem Lohnausgleich. Das soll Arbeit umverteilen, 7000 Jobs zusätzlich schaffen.

Investitionen versprechen alle zuletzt genannten Parteien. Deutlicher werden Unterschiede, wenn es um Steuersenkungen, Hilfe für Arbeitslose und Umverteilung von Arbeit geht. Fix ist bei all diesen Vorschlägen: Billig ist keines der Programme. (András Szigetvari, 8.10.2020)