Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat seine Beliebtheitswerte vom März praktisch halbiert. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) liegt nun auf Rang eins der abgefragten Politiker.

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Die Zuversicht des Sommers kehrte nicht zurück aus dem Urlaub, weder mit dem Auto noch einem anderen Verkehrsmittel. Der Befund des Marktforschungsinstituts Gallup aus seiner jüngsten Corona-Umfrage, der "vierten Welle" zum Thema seit März: Die Zustimmung zu den Corona-Maßnahmen sinkt, Angst, Ratlosigkeit und Verunsicherung nehmen zu. Die Mediennutzung wiederum nimmt ab.

Gallup befragte zum vierten Mal in Kooperation mit der Forschungsfirma Medienhaus Wien 1.000 Österreicherinnen und Österreicher online über die Corona-Krise, ihr Bild der Politik im Zusammenhang mit der Pandemie und ihre Mediennutzung.

Schlaglichter aus den Angaben der Befragten:

  • 45 Prozent glaubten Anfang April, dass "das Schlimmste vorüber ist", 20 sahen es noch bevorstehen. Im Juni rechneten nur noch elf Prozent mit einer weiteren Verschlechterung. Im September wurden daraus sorgenvolle 38 Prozent, Anfang Oktober rechneten 31 Prozent noch mit dem Schlimmsten. 52 Prozent sagen nun: Es wird im Wesentlichen so bleiben, wie es gerade ist.
  • Im Juni glaubten 53 Prozent, "dass die Coronavirus-Pandemie jetzt unter Kontrolle ist". Im September sagten das nur noch 18 Prozent, im Oktober 17 – bei noch weniger "voll und ganz" davon Überzeugten.
  • Nur 53 Prozent glauben, dass Österreichs Gesundheitssystem für eine "gleichzeitige Grippe- und Corona- Welle, die in diesem Herbst/Winter zu erwarten sein wird, gut gerüstet ist". 29 Prozent verneinen das, 18 Prozent sind unschlüssig.
  • Wirtschaftliche Nachteile "über viele Jahre" erwarten nun 53 Prozent, im Juni waren es 47. Mehr als noch im Juni sagen, dass ihr Haushaltseinkommen gesunken ist.
  • Nur noch 53 Prozent finden nun, dass die österreichische Regierung mit dem Coronavirus richtig umgeht – Mitte März bis in den April sagten das noch bis zu 91 Prozent. Im Juni fanden das noch 75 Prozent, im September knickten die Werte ein.
  • Alle Parteien werden bei der "Bewältigung der Corona-Krise" im Oktober schlechter bewertet als im Juni und im März 2020. Die ÖVP kommt nun auf die Bestnote 2,8 (Schulnoten bis 5) knapp vor den Grünen mit 3,0, der ÖVP mit 3,4 und den Neos mit 3,5.
  • Welcher Politiker ist besonders positiv aufgefallen bei der Bewältigung der Corona-Krise? Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat seine Werte hier von 80 Prozent Zustimmung im März auf nun 41 Prozent praktisch halbiert. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) liegt nun mit (auch, aber nicht so deutlich sinkenden 46 Prozent) auf Rang eins der abgefragten Politiker. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) etwa legte (auf weit geringerem Niveau) zu.

Corona und die Medien

Die Mediennutzung hat nach Spitzenwerten im Frühjahr zu Zeiten des Lockdowns abgenommen, erwartungsgemäß, sagt Andrea Fronaschütz von Gallup.

Ein Drittel der Menschen meide Corona-Informationen inzwischen, 32 Prozent geben an, sie hätten sich am Vortag "gar nicht" über Covid informiert. Im März und April sagten das noch fünf bis acht Prozent. Und das, obwohl sich die Menschen subjektiv weniger gut informiert fühlten. Die Beschäftigung mit dem Thema mache "schlechte Laune und ratlos", schildert Fronaschütz Eindrücke der Befragten.

Sie leitet aus den Daten ab: "Wenn die Medien lediglich als Überbringer der Botschaft wahrgenommen werden, dann färbt die Skepsis über das Krisenmanagement ab auf diese Überbringer." Medien müssten den Menschen helfen, "die richtige Information und Decodierung aus all diesen unübersichtlichen Informationen zu finden".

Medienwissenschafter und -berater Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien verweist auf "hohe Werte für Qualitätsmedien wie STANDARD und 'Presse' gerade bei jungen Nutzern". Diese Medien würden eher als der Boulevard einordnend Bericht erstatten und in den Daten auch "stark performen".

Die Nutzung von Tages- und Wochenzeitungen zur Information über Corona im Oktober laut Gallup-Corona-Barometer:

Fronaschütz konstatiert zudem – im Vergleich zu Lockdown-Zeiten: "Die Jungen verlassen das Fernsehen." Für Corona-Informationen sehen Menschen bis 30 laut jüngster Umfrage noch 54 Prozent fern – im März waren das noch 80 Prozent.

Die Gallup-Expertin beobachtet bei jungen Nutzern die Suche nach möglichst neutralen und zuverlässigen "Netto-Informationen" auf Websites von Behörden und Ministerien zum Thema Corona. (fid, 8.10.2020)