Bild nicht mehr verfügbar.

Protestierende in Bischkek nach der Annullierung der Parlamentswahl.

Foto: AP / Vladimir Voronin

Bischkek/Moskau– Kirgisistan hat nach dem Sturz der Regierung und teils gewaltsamen Massenprotesten seine Grenzen geschlossen. Die Kontrollen würden verschärft, um für Sicherheit zu sorgen, erklärte der stellvertretende Chef des nationalen Sicherheitsrates, Omurbek Suwanalijew, am Donnerstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. In Kirgisistan herrscht seit Tagen ein Machtvakuum, das zentralasiatische Land in der Nachbarschaft Russlands und Chinas droht im Chaos zu versinken. In der Nacht zu Donnerstag gelang es dem scheidenden Parlament nach Angaben von Abgeordneten nicht, sich auf einen Chef einer Übergangsregierung zu einigen. Mindestens drei rivalisierende Oppositionsgruppen beanspruchen die Macht für sich.

Unruhen nach Parlamentswahl

Staatspräsident Sooronbai Scheenbekow ist nach Angaben seiner Sprecherin im Land geblieben und hat mit Vertretern der verschiedenen Fraktionen gesprochen. Sein Aufenthaltsort ist aber seit Dienstag nicht bekannt. Auslöser der Unruhen ist die Parlamentswahl vom Sonntag, bei der zunächst zwei etablierte Parteien zum Sieger erklärt wurden. Elf andere Parteien weigerten sich, das Ergebnis anzuerkennen. Am Dienstag stürmten Demonstranten Regierungsgebäude in der Hauptstadt Bischkek. Nach Protesten auch in anderen Städten annullierte die Wahlkommission das Ergebnis, das auch nach Einschätzung westlicher Beobachter von Manipulation geprägt war.

Russland sieht Kirgisistan im Chaos

Russland, das einen Luftwaffenstützpunkt in Kirgisistan unterhält, erklärte, das Land sei ins Chaos abgerutscht und müsse stabilisiert werden. Die russische Regierung sei nach einem bestehenden Sicherheitsvertrag verpflichtet, einen völligen Zusammenbruch abzuwenden, sagte Dmitri Peskow, der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau. Er bestätigte, dass sich der Chef des russischen Geheimdienstes FSB mit dem neuen amtierenden Sicherheitschef in Kirgisistan am Mittwoch beraten habe.

Auch China alarmiert

China, das eine Grenze mit Kirgisistan teilt, hat sich bereits besorgt über die Lage geäußert. Die frühere Sowjetrepublik Kirgisistan ist ein enger Verbündeter Russlands. Das Land mit seinen rund 6,5 Millionen Einwohnern war lange Gegenstand eines geopolitischen Wettbewerbs zwischen Russland, China und den USA. In den vergangenen 15 Jahren wurden zwei Präsidenten durch Revolten gestürzt. Nach Belarus ist Kirgisistan bereits das zweite Land in der Nachbarschaft Russlands innerhalb weniger Wochen, in dem es nach einer Wahl zu Massenprotesten gegen die Regierung kommt. (Reuters, 8.10.2020)