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Eine Mitarbeiterin in einem Amazon-Verteilzentrum in Frankreich.

Foto: Reuters

Der Online-Handelsriese Amazon sieht sich mit schweren Vorwürfen und einer brisanten Klage konfrontiert. Shaun Simmons, ein trans Mann (eine biologisch weiblich geborene Person, die sich als Mann identifiziert), wirft dem Unternehmen vor, ihn aufgrund seiner Schwangerschaft diskriminiert und von seinem Arbeitsplatz verdrängt zu haben, berichtet NBC.

Laut seiner Aussage hat er sich im Juni 2019 einem Vorgesetzten anvertraut und ihm berichtet, dass er schwanger sei. Dieser hätte diese Information einem anderen Manager übermittelt, woraufhin sich die Neuigkeit bald im ganzen Verteilzentrum in Princeton (New Jersey) verbreitet hätte.

Systematische Benachteiligung

Nicht nur habe dies bald zu abwertenden Bemerkungen durch Kollegen geführt, sondern die beiden Führungskräfte hätten bald darauf auch damit begonnen, Simmons’ bislang nie bemängelte Arbeitsleistung ungerechtfertigt zu kritisieren. Dies soll den Zweck gehabt haben, seine Karriere zu sabotieren. Als er sich bei der Personalabteilung darüber beschwerte, habe diese ihn – wenn auch mit Bezahlung – beurlaubt.

Nach seiner Rückkehr habe man ihn zum "Item Picker" degradiert. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er regelmäßig schwere Gegenstände, wie etwa Säcke voller Hundefutter, heben müssen, die ihm Schmerzen in der Bauchgegend verursacht hätten. Als er dies zur Sprache brachte, folgte eine erneute Beurlaubung, und ihm wurde mitgeteilt, eine ärztliche Bestätigung dafür vorzulegen, um schwangerschaftsbedingte Erleichterungen in Anspruch nehmen zu können. Diese habe er auch eingereicht, sagt Simmons, dennoch sei ihm die Unterstützung verwehrt worden.

Schließlich wechselte er an einen anderen Standort. Dort wiederum sei auch das Angebot eines Wechsels an einen anderen Standort samt Beförderung kurzfristig zurückgezogen und er kurz vor dem Geburtstermin unbezahlt beurlaubt worden. Er verlangt nun seine Wiedereinstellung, die Übernahme von Anwaltskosten und Schadenersatz. Neben dem Konzern selbst läuft die Klage auch konkret gegen seine beiden Vorgesetzten.

Guter Ruf im Umgang mit LGBTQ-Personen

Die Anwaltskanzlei Costello & Mains, die Simmons vertritt, wirft Amazon vor, schon länger eine Praxis der Diskriminierung gegen Schwangere und Menschen mit Behinderungen zu pflegen. Im vergangenen Mai deckte Cnet auf, dass gegen Amazon zumindest sieben Klagen von Frauen aus verschiedenen Bundesstaaten laufen, die angaben, wegen einer Schwangerschaft entlassen worden zu sein. 2019 einigte sich der Konzern zudem außergerichtlich mit einer trans Frau, die gemeinsam mit ihrem Mann wegen "grausamer und andauernder" Belästigung in einem Logistikzentrum in Kentucky vorgegangen war.

Die Anwälte der zwei beschuldigten Manager wollten sich gegenüber NBC nicht äußern. Amazon wollte den Fall nicht kommentieren, erklärte aber, dass man Diskriminierung jedweder Art nicht toleriere. Man wolle, dass alle Mitarbeiter ihre Arbeit in einer "sicheren und inklusiven Umgebung" leisten können.

In Sachen Umgang mit LGBTQ-Personen und Gleichbehandlung wird Amazon insgesamt ein gutes Zeugnis ausgestellt. Im Equality-Index der Human Rights Campaign erreicht der Konzern regelmäßig Bestnoten. Firmengründer und CEO Jeff Bezos wurde von HRC 2017 außerdem mit dem Equality Award geehrt. (gpi, 8.10.2020)