Am Donnerstag fand die letzte Runde der Spitzenkandidaten im Rathaus statt. Sehen konnte man die Diskussion auf ORF 2.

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Michael Ludwig will nicht verraten, mit wem er nach der Wahl koalieren will.

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Birgit Hebein warf der SPÖ Mutlosigkeit im Bereich Verkehr vor.

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Corona-bedingt gestaltete sich der Wahlkampf in Wien 2020 anders als gewöhnlich. TV-Duelle, Debatten, die aus dem Riesenrad ins Fernsehen übertragen wurden, ORF-"Pressestunden" mit allen Spitzenkandidaten sowie drei Elefantenrunden in Folge – das mediale Interesse war groß.

Dass die Spitzenkandidaten langsam ein wenig diskussionsmüde werden, zeigte sich Donnerstagabend in der TV-Konfrontation auf ORF 2. Dort erklärte der Finanzminister und ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel der Wiener Vizebürgermeisterin, die Corona-Hilfen, die der Bund zur Verfügung stelle, seien insgesamt zehnmal so hoch wie die Corona-Hilfen der Stadt Wien. "Ich weiß nicht, ob Sie das wissen", sagte Blümel zu der Grünen. Und Birgit Hebein entgegnete trocken: Ja – schließlich habe genau das Blümel schon des Öfteren in TV-Diskussionen genau so erzählt.

Auch sonst nutzten die Kandidaten diese letzte große Elefantenrunde vor allem dafür, ihre Kernbotschaften noch einmal anzubringen.

Kein türkis-grün-pinker Pakt

Dass es eher zu keiner sogenannten Dirndl-Koalition kommen wird, war bereits nach wenigen Minuten klar. Erst betonte Hebein: "Das schließe ich völlig aus." Dann warnte Blümel: "Die Frage ist, ob es eine Koalition braucht", und spekulierte damit, wohl aus wahltaktischen Gründen, auf eine Absolute der SPÖ. Zuletzt lehnte auch Christoph Wiederkehr, Neos-Spitzenkandidat, ab: Er wolle nicht mit der "Blümel-ÖVP" zusammenarbeiten. Blümel wiederum versteht nicht, wieso die Neos eine Koalition mit ihm ausgeschlossen haben. Denn mit Rot-Grün werde es "weitergehen wie bisher", mehr Türkis für Wien sei aber notwendig. Ob er in einer Koalition auch das Finanzressort beanspruchen würde? Die Frage der Ämter stehe am Ende von Verhandlungen, meinte Blümel darauf.

Hebein warb, trotz des Vorwurfs der Mutlosigkeit gegenüber der SPÖ im Verkehrsbereich, offensiv für die Fortsetzung von Rot-Grün und platzierte bei der Gelegenheit auch eine Koalitionsbedingung: die Einführung des verpflichtenden Abbiegeassistenen für Lkws.

Der rote Stadtchef hingegen, dessen Präferenzen wohl die spannendsten gewesen wären, wollte sich nicht auf einen Lieblingspartner festlegen: "Ich trete nicht als Koalition an, sondern um wieder Wiener Bürgermeister zu werden", sagte Michael Ludwig.

Neben Ludwig und dessen drei möglichen Koalitionspartnern wirkten FPÖ-Kandidat Dominik Nepp und Heinz-Christian Strache vom Team HC Strache kurzzeitig in der Oppositionsrolle geeint – zumindest bis Strache seinem ehemaligen Parteifreund die "Eiseskälte", die ihm bei seinem Ausschluss entgegengebracht wurde, vorwarf. Inhaltlich waren sich die beiden trotzdem in vielem einig – sei es bei ihrer Ansicht nach überzogenen Corona-Maßnahmen oder der Skepsis gegenüber Impfungen. Eine Wiedervereinigung wurde von Nepp trotzdem ausgeschlossen.

Zweiter Lockdown

Beim obligatorischen Hochhalten der Ja/Nein-Taferln kam es zu einer kleinen Überraschung: Ein zweiter Lockdown als "allerletzter Ausweg" ist demnach nur für Hebein "denkbar".

Apropos Corona: Blümel kritisierte erneut das Corona-Krisenmanagement Wiens. Ludwig solle Hacker die Agenden entziehen, wiederholte der türkise Spitzenkandidat eine schon öfter vorgebrachte Forderung. Wien solle etwa nach Berlin schauen, was die Pandemie-Bekämpfung angehe. Wenn man so weitermache, werde es keinen Wintertourismus geben, dann werde der Handel kein Geschäft vor Weihnachten machen. Blümel sei "jede Maßnahme" recht, um die Zahlen runterzubringen.

Da drehte Hebein auf: Sie werde es "nie akzeptieren", wenn man Wien-Bashing betreibe, verteidigt die Vizebürgermeisterin Wien gegenüber dem Finanzminister. Sie finde es wiederum gut, dass das grüne Gesundheitsministerium Unterstützung beim Contact-Tracing angeboten habe: Es gehe jetzt darum, rasch Kontaktmanagement umzusetzen. Der Begriff "Wien-Bashing" schien Wiederkehr schon etwas zu nerven: Nicht jede Kritik sei als "Bashing" zu klassifizieren, meinte er. Es brauche in der Krise Gemeinsamkeit und Klarheit, das sehe man zum Beispiel an der Situation an den Schulen, wo man noch immer viel zu lange auf Testergebnisse warten müsse.

Abstruse Maßnahmen

Nepp wiederum fand die Diskussionen über Corona-Maßnahmen "abstrus". Vielmehr müsse man die Menschen entlasten, nicht belasten. Strache sagte, das sei "genau das, das den Nerv der Zeit trifft": Denn die Betriebe würden auf der Strecke bleiben, Unternehmen stünden vor dem Ruin. Er fand, man solle zum normalen Leben zurückkehren. Was ist dran an den Vorwürfen bezüglich einer mangelhaften Hilfe für Unternehmen, wurde Blümel gefragt: Man solle ihm die Fälle schicken, dann werde er sich das anschauen, antwortete der – wie schon in vielen Diskussionen zuvor – und verlangte von Wien die Vorverlegung der Sperrstunde.

Diese lehnte Ludwig erneut ab. Vielmehr setze man auf die Registrierungspflicht, um das Contact-Tracing schneller voranzutreiben. Besonderes Augenmerk lege man, gemeinsam mit der Polizei, auf illegale Privatpartys.

Es war die letzte TV-Konfrontation vor dem anstehenden Urnengang am Sonntag. (Vanessa Gaigg, Oona Kroisleitner, 8.10.2020)