"Ich lass mich alle drei Wochen scheiden. Ich mein das ernst": Jeannine Schiller.

Foto: Christian Fischer

STANDARD: Frau Schiller ...

Jeannine Schiller: Schauen S’, dieser Ficus da, mit dem sprech ich immer. Der war schon dreimal am Eingehen, und komisch, ich tu wirklich mit dem immer reden: "Warum geht’s dir so schlecht?"

STANDARD: Und warum geht’s ihm so schlecht?

J. Schiller: Jetzt geht’s ihm eh super.

STANDARD: Frau Schiller. Der kleine, schnittige Mercedes da draußen, gehört der Ihnen? Und der noch schnittigere Jaguar, gehört der dem Gatten?

Friedrich Schiller: Umgekehrt.

J. Schiller: In den Jaguar passt er ja gar nicht rein, er isst ja viel zu viel.

F. Schiller: Ich ess nicht sooo viel.

STANDARD: Haben Sie ihm zu viel Sauerteigbrot gemacht in der Krise?

J. Schiller: Na, ich koch nimmer für ihn. Für meinen ersten Mann, der war Ungar, für den hab ich das Kochen gelernt. Das war am Anfang auch nicht immer gut, was ich gemacht habe, aber der hat gesagt: So gut, Jeannine! So gut! Aber wie ich ihn geheiratet habe, hat er gesagt: Schmeckt wie im Wirtshaus. Hab ich gesagt: Dann geh ins Wirtshaus.

F. Schiller: Aber wir gehen in gute Wirtshäuser essen, wir gehen ja nicht in die Ausspeis! Drum war das ja eigentlich keine Beleidigung.

STANDARD: Haben Sie die sogenannten Society-Events vermisst in den letzten Monaten?

J. Schiller: Also mir fällt das gar nicht schwer, dem Fritz schon. Ich bin sehr gern zu Hause, das wird mein Mann nicht gerne hören …

F. Schiller: Es herrscht Redefreiheit …

J. Schiller: … Aha. Weil von der Optik her schätzt man ja mich so ein, dass ich die bin, die Tralala macht, aber das bin ich wirklich nicht. Mein Mann schaut wieder nicht so aus, aber der ist der Herr Ausgeher, und der war natürlich sehr verzweifelt mit dem Corona.

F. Schiller: Du sollst von dir erzählen, Schatzi.

J. Schiller: Du redest ja immer drein!

STANDARD: Was machen Sie dann, wenn Sie allein zu Hause sind?

J. Schiller: Ich hab immer hier im Haus zu tun. Sie sehen ja, wie das ausschaut. Ich hab zwar Putzdamen, aber mach ich auch viel selbst. Mir ist ja nie alles so recht, wie es wer macht, darum geh ich immer nachschauen. Ich gehe sogar nachschauen, wenn ich am Tag selbst Staub wische und am Abend heimkomme. Also es ist ein bisserl ein Fimmel, den ich da hab.

STANDARD: Aber noch nichts für den Doktor?

J. Schiller: Na.

STANDARD: Apropos: Haben Sie dem Richie Lugner ein Telegramm ins Krankenhaus geschickt, nachdem er ausgerutscht war?

J. Schiller: Also zu dem Lugner haben wir schon seit Jahren …

F. Schiller: … den Kontakt abgebrochen mit dem.

J. Schiller: Aber mit der Christine (Anm.: Mausi) bin ich befreundet. Die war ja ganz jung damals, und um die habe ich mich ein bissi angenommen, hab ihr gesagt: Schau, das sollst lieber nicht anziehen, und so. Die Generation von mir, die so ein bisserl älter war, die hat sich ja zurückgezogen von ihr. Das ist ja nicht leicht, wenn du da als 25-Jährige kommst, und die anderen sind, was weiß ich, 45.

STANDARD: Was ist die Wiener Society überhaupt?

F. Schiller: Da gibt’s Kultur, Wirtschaft, Banking, Diplomaten. Dann gibt es die, die gern in den Klatschspalten stehen. Wenn einer sagt, es gibt A-, B- und C-Promis, dann find ich das beleidigend. Es gibt im Fußball halt den Messi und den Ronaldo und …

STANDARD: Bei uns gab es den Prohaska.

F. Schiller: Der war gut!

J. Schiller: Der Fritz ist ja Austria-Anhänger. Aber wenn die verlieren, und die verlieren oft, redet er nix mit mir.

STANDARD: Welcher Society fühlen Sie sich zugehörig?

J. Schiller: Ich geh gern ins Theater, Operette, leichte Opern.

F. Schiller: Wir suchen gemeinsam aus, wo wir hingehen. Im Theater, das muss eine Geschichte erzählen, so Texflächen wie von der Jelinek, das ist nichts für uns. Wir waren ja auch sehr gut mit dem Direktor Hans Gratzer vom Schauspielhaus, und der hat Sachen wie Shoppen & Ficken gespielt, wo die eine auf der Bühne die Notdurft verrichten musste. Da waren zwanzig Hansln drinnen.

J. Schiller: Red nicht so!

F. Schiller: Aber wie wir dann mal Best of Shakespeare gespielt haben, der Christian Niedermeyer, der Georg Springer, der Edi Wegrostek – kennen S’ die? – …

J. Schiller: Ich war Der Widerspenstigen Zähmung

F. Schiller: … ist fast der Ballon runtergefallen, weil da waren 300 Leute, und der Gratzer …

J. Schiller: … wollte, dass wir das spielen!

F. Schiller: Nein, nein, nein, nein! Er war angefressen, weil es bei uns so voll war und bei ihm so leer!

J. Schiller: Was erzählst ’n du? Der Mensch redet und redet! Ich muss mich scheiden lassen!

F. Schiller: Na, was hab ich falsch gesagt, bitte?

J. Schiller: Ich werd dich nicht mehr dazunehmen zu einem Interview!

STANDARD: Gerade wäre ja die Sommerfestspielsaison, wie schaut das normalerweise immer aus bei Ihnen?

F. Schiller: Horch zua: In Margarethen und in Mörbisch liegen die Premieren zwei Tage auseinander, da bleiben wir in Rust und fahren mit dem Taxi hin, weil eine Katastrophe ist das immer mit dem Parkplatz. Bis man drin ist, bis man rauskommt, das ist schrecklich. Also so dringend brauche ich diese Kunst nicht, dass ich dann eine Stunde stehe am Parkplatz.

J. Schiller: Und ich hab so gefroren dort!

STANDARD: Wird dann viel getrunken? Alkohol wärmt.

J. Schiller: Dir tut ein bissi trinken ganz gut, gell?

F. Schiller: Meine Frau ist Antialkoholikerin, wissen Sie.

STANDARD: Sie nicht?

F. Schiller: Ich nicht. Ab zwei Achterln spür ich es aber, nach dem vierten muss ich gehen.

STANDARD: Dann fahren immer Sie mit dem Auto, Frau Schiller?

J. Schiller: Ja. Leider. Leider!

STANDARD: Darf man in der Pause einer Aufführung gehen?

F. Schiller: Ich gehe sehr ungern in der Pause, aber Die 25. Stunde vom Tabori, da sind die alten Schauspieler alle in Windeln herumgerannt, also das war einfach so schrecklich blöd, da sind wir dann gegangen.

J. Schiller: Ich bin schon eine, die öfter geht in der Pause. Leider gibt es immer weniger Stücke mit Pause, aber als Dame braucht man eine Pause.

STANDARD: Darf auf der Bühne nackt getanzt werden?

J. Schiller: Ihm gefällt’s!

F. Schiller: Gegen das Nackttanzen haben wir nichts. Aber es muss halt eine Geschichte sein!

J. Schiller: Großen Busen sollten sie halt haben, dann freut er sich. Da weint er bei mir fast jeden Tag, weil ich hatte ja mehr Kilo früher, 50. Die waren alle hier (deutet auf ihre Brüste).

STANDARD: Das heißt, Sie haben sich in Frau Schillers zwei überzeugende Argumente verliebt, Herr Schiller?

F. Schiller: Ja, natürlich.

J. Schiller: Und auf einmal ist Micky Maus bei mir heroben.

STANDARD: Darf ich fragen, ob er damit umgehen kann?

J. Schiller: Schwer, weil er jammert immer: Wo sind die Zeiten? Wo ist der Popo? Diese Brust? Weil ich war schmal, aber ich hab ausgeschaut wie ein Pornostar.

STANDARD: Und wie viel wiegen Sie jetzt, wenn ich fragen darf?

J. Schiller: Jetzt 41. Ich bin schlank, aber nicht dünn!

F. Schiller: Jetzt ist sie angezogen, aber sie ist zu dünn.

J. Schiller: Mir gefällt’s! Und ich fress eh so viel Schokolade.

F. Schiller: "Viel" ist gut …

J. Schiller: "Viel" für meine Verhältnisse. Dafür isst du so viel.

F. Schiller: Ich ess nicht soooo viel! Aber ich esse halt nicht gesund, trinke gern, beweg mich nicht, und hab keinen Stress.

J. Schiller: Du müsstest dich mehr aufregen!

STANDARD: Leben Sie vielleicht zu harmonisch?

J. Schiller: Wir streiten sehr viel. Ich lass mich alle drei Wochen scheiden. Jedes Mal, wenn er mich irrsinnig aufregt, sag ich: Es hat keinen Sinn – und ich mein das ernst! –, ich lass mich scheiden. Dann kommt jedes Mal dieselbe Antwort.

F. Schiller: Scheidung kommt nicht infrage! Die paar Jahre drücken wir auch noch durch.

STANDARD: Paarberatung?

F. Schiller: Da waren wir schon.

J. Schiller: Einmal. Das hat gereicht.

F. Schiller: Wir wissen bis heute nicht, ob der Berater genial war oder ein Depp. Er hat gemeint: Sie müssen sich scheiden lassen. Woraufhin die Jeannine beim Rausgehen zu mir gesagt hat: Das ist ein Trottel, zu dem gehen wir nimmer.

J. Schiller: Dann haben wir wieder eine Zeitlang eine Ruh’ gehabt. Aber jetzt müssen wir eh wieder zu einem Eheberater, weil ich komm nicht durch mit dem, was ich sage, der redet und redet.

STANDARD: Es muss doch auch so was wie Zuneigung geben, wenn Sie seit 41 Jahre verheiratet sind!

J. Schiller: Natürlich.

F. Schiller: Große Liebe! Ganz große Liebe.

J. Schiller: Ja, das stimmt.

F. Schiller: Was wird denn das eigentlich für ein Beitrag, wo wir jetzt doch sehr ins Boulevardeske abgleiten?

STANDARD: Das macht doch nichts!

F. Schiller: Uns nicht. Wir reden gerne über Arsch und Titten, aber mit uns kann man auch ernste Gespräche führen.

J. Schiller: Also, ich muss mich von dem Mann scheiden lassen. Der redet und redet.

F. Schiller: Na, was hab ich falsch gesagt? (Vorhang.)

(Manfred Rebhandl, ALBUM, 10.10.2020)