In den USA erlebt die Trading App des Onlinebrokers Robinhood, die Millennials als Zielgruppe im Fokus hat, derzeit einen Höhenflug. Es regt sich aber auch Kritik daran.
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Wenn eine Branche im Corona-Jahr 2020 Sonderkonjunktur verzeichnet, dann hat sie wohl mit Internet, Technologie und Digitalisierung zu tun. So auch im Fall der Onlinebroker, denen heuer eine Flut an neuen Kunden einen Boom beschert. Losgetreten wurde er während der Lockdowns in verschiedensten Ländern: Wer genug Geld zum Anlegen hatte, fand in dieser Phase auch genug Zeit, um sich damit zu beschäftigen. "Der Lockdown hat viele Menschen dazu veranlasst, sich mit ihren Finanzen zu befassen", sagt Robert Ulm, Vorstandschef der heimischen Hello Bank.

Somit verzeichnet sein Haus, das aus der früheren Direktanlage hervorgegangen ist, im 25. Bestandsjahr extreme Zuwächse: "Mit Ende des ersten Halbjahres 2020 haben wir die Rekordmarke von einer Million Trades überschritten – so viel hatten wir im gesamten vergangenen Jahr." Dabei investierten immer mehr junge Menschen, im Schnitt sinke das Kundenalter. "Vor allem auch Millennials entdecken Wertpapiere als sinnvolle Investition in ihre finanzielle Zukunft."

Aktie statt Nullzins

Zudem speisen auch ehemalige Sparbuchanleger, die der andauernden Zinsdiät entfliehen wollen, den neuen Kundenstock der Hello Bank. "Dieser Trend war bereits vor Corona deutlich erkennbar", sagt Ulm. Und worin investieren die Neukunden bevorzugt? Das Thema Aktien sei eindeutig der Favorit, aber auch Fonds würden stark nachgefragt.

Ulm legt Wert darauf, für unerfahrene Anleger auch ein entsprechendes Wissensangebot online anzubieten, denn: "Es hilft dabei, das Börsengeschehen zu verstehen", sagt der Bankchef und fügt hinzu: "Wissen gehört in jedes Depot!"

Auch der Mitbewerber Dadat Bank verzeichnet heuer starke Zuwächse. Im ersten Halbjahr wickelte die Bank etwa eine Viertelmillion Börsentransaktionen ab, rund dreimal so viel wie im Jahr zuvor. "Für uns war es ein Riesenschub", sagt Bankchef Ernst Huber über die Entwicklung während der Corona-Krise.

Millennials als Zielgruppe

Dabei spielt in der Branche schon länger die Musik – wie so oft war Corona nur ein Beschleuniger der Entwicklung. In den USA wurde diese Woche die Ende des Vorjahres beschlossene Übernahme von TD Ameritrade durch Charles Schwab um 26 Milliarden Dollar abgeschlossen. Gemeinsam bedienen sie 24 Millionen Kunden. Im Nacken sitzt dem Platzhirsch ein junger Herausforderer namens Robinhood.

Der Onlinebroker zielt mit einer Trading-App speziell auf Millennials als Zielgruppe ab, was ihm enormes Wachstum beschert und ihn mit zwölf Millionen Nutzern zur Nummer zwei in den USA machte. Auch Geldgeber wollen mitnaschen, insgesamt 1,25 Milliarden Dollar steckten sie heuer in das Start-up, das zuletzt mit 11,7 Milliarden Dollar bewertet wurde. Doch es gibt auch Kritik an Robinhood: Der spielerische Umgang mit Wertpapieren auf der App verleite zu Risiko. Zudem würden für Kunden verdeckte Kosten anfallen. (Alexander Hahn, 10.10.2020)