Peter Sidlo hat seinen Exarbeitgeber geklagt. Seine Bestellung in den Casinos-Vorstand hat die "Causa Postenschacher" ausgelöst.

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Wien – Keine 20 Minuten – und es war schon wieder vorbei. Am Freitag fand am Handelsgericht Wien die vorbereitende Tagsatzung zu jener Klage statt, die Peter Sidlo gegen die Casinos Austria eingebracht hat. Der Exfinanzvorstand des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns fordert ja mehr als 2,3 Millionen Euro von seinem damaligen Arbeitgeber, der ihn am 2. Dezember 2019 "aus wichtigem Grund" abberufen und entlassen hatte. Sidlo, 46, wehrt sich dagegen, will seinen Vertrag, der bis April 2022 gelaufen wäre, mit allem Drum und Dran ausbezahlt bekommen.

Richterin Eva Poech-Frauendorfer fragte die Streitparteien – Peter Sidlo war auch selbst gekommen –, ob sie sich nicht vergleichen möchten. Ganz ausgeschlossen scheint das nicht zu sein: Bis jetzt habe man darüber noch nicht gesprochen, meinten die Anwälte, und kündigten an, das bald zu tun. Allerdings, so Casinos-Anwalt Bernhard Hainz: Angesichts der strafrechtlichen Untersuchung, die in der Causa Postenschacher gegen Sidlo geführt wird (es gilt die Unschuldsvermutung), sei es schwierig fürs beklagte Unternehmen, "sich zu positionieren".

Nächstes Mal wird Sidlo befragt

Nach diesen Erörterungen gab die Richterin ihren Fahrplan bekannt: Nächstes Mal wird sie Kläger Sidlo befragen. Nicht in Erfüllung gehen wird der sehr höflich vorgetragene Wunsch seines Anwalts Bernhard Steindl, angesichts der persönlichen Umstände seines Mandanten so rasch wie möglich zu verhandeln. Das geht frühestens am 18. Februar: Zum einen ist der Verhandlungskalender der Richterin knallvoll, zum anderen braucht es wegen der Abstandsregeln und des erwarteten Medieninteresses (am Freitag waren fünf Journalisten gekommen) den größten Saal im Haus. Und der ist gut gebucht.

Grund für eine Unterbrechung des Zivilverfahrens sieht die Richterin nicht, einen Unterbrechungsantrag wies sie ab. Und zwar mit der Begründung, dass man Punkte klären müsse, die im Strafverfahren nicht behandelt würden, zudem sei die Dauer des Strafverfahrens "unvorhersehbar", wie sie meint.

Politischer Deal?

Im Prozess wird es um die Frage gehen, ob Sidlo eine grobe Pflichtverletzung begangen hat, die dem Aufsichtsrat einen Grund gab, ihn rauszuwerfen – was der studierte Jurist eben bestreitet. Der frühere Wiener FPÖ-Bezirksrat Sidlo war im Mai 2019 in den Vorstand gekommen, obwohl ihn der Personalberater nicht für qualifiziert gehalten hatte. Zudem wurde wenig später eine anonyme Anzeige bekannt, wonach seine Bestellung Teil eines politische Deals gewesen sei.

Der Aufsichtsrat, damals unter Walter Rothensteiner, bat Sidlo daher um eine schriftliche Stellungnahme. Sidlo hielt darin unter aanderem fest, er habe dem Aufsichtsrat nichts verheimlicht, die in den Raum gestellten "politischen Absprachen sind mir nicht bekannt". Im Übrigen sehe er sich "nicht in der Rolle, Aufklärung leisten zu können".

Folgenschwere Chats

Im Herbst, nach der Beschlagnahme von Heinz-Christian Straches Handy, wurden dann aber Chats aus der Zeit vor Sidlos Bestellung bekannt – und die wendeten das Blatt. Sidlos Erklärung an den Aufsichtsrat widerspreche "eindeutig" der Auswertung des Chatverkehrs, heißt es in der Klagebeantwortung.

So riet Sidlo dem damaligen FPÖ-Chef Strache, den er als Referenz angegeben hatte, am 16. Jänner 2019, dem Personalberater halt zu erzählen, "wie toll ich bin". Harald Neumann, damals Vizepräsident des Casag-Aufsichtsrats und Novomatic-Chef, informierte er, dass Barbara Kolm "gerne helfen möchte". Kolm ist Vizepräsidentin des Generalrats der Notenbank, sie sitzt dort, wie Sidlo auch, auf einem FPÖ-Ticket. Kolm hat dann auch sehr geholfen, wie man aus anderen Chats weiß.

Angesichts all dessen erschien Sidlo dem Aufsichtsrat nicht mehr vertrauenswürdig.

Gehalt, Bonus und Parkplatz eingeklagt

Und wie kommt Sidlo auf die Klagssumme von 2.353.794,83 Euro? Er sollte in seinem ersten Casinos-Jahr 350.000 Euro brutto verdienen, ab 2020 dann 400.000 Euro. Sein Vertrag galt für drei Jahre bis April 2022, danach hätte er bis April 2024 verlängert werden können. Zudem sah der Vertrag einen Bonus von bis zu 100 Prozent des Jahresgehalts vor.

Also will Sidlo für 2019 aliquot 233.333,33 Euro an Bonus – wobei er die Hälfte bereits bekommen hat. Für 2020 und 2021 fordert er je 800.000 Euro (Einkommen plus Bonus) und für die vier Monate im Jahr 2022 in Summe 266.000 Euro.

Zudem stellt Sidlo Sachbezüge von 1.105,11 Euro pro Monat in Rechnung: 960 Euro für die Privatnutzung des Dienstautos, 14,53 Euro für den Parkplatz und 130,58 Euro für die Unfallversicherung. Seinen Anspruch auf Urlaubsersatzleistung bemisst er mit rund 212.000 Euro, jenen für die Abfertigung neu mit rund 34.000 Euro. Und weil die Casinos zehn Prozent vom Bruttoeinkommen in die Pensionskasse einzahlt, kommen laut Klagsschrift noch einmal 93.333,33 Euro dazu. (Renate Graber, 9.10.2020)