Der Österreichische Presserat versteht sich als moderne Selbstregulierungseinrichtung im Pressebereich, die der redaktionellen Qualitätssicherung sowie der Gewährleistung der Pressefreiheit dient.

Foto: Screenshot presserat.at

Der österreichische Presserat ortet in mehreren Beiträgen der Tiroler Regionalzeitung "Kitzbüheler Anzeiger" verdeckte Werbung. Das Blatt verstieß in punkto Unterscheidbarkeit und Einflussnahmen gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Im Beitrag "Raiffeisen – auch online Ihr Begleiter", ein an die Leser adressierter "Brief" eines Mitarbeiters der "Raiffeisenbank Kitzbühel – St. Johann", wird festgehalten, dass man den Kunden "den fairen Credit der Team-Bank Österreich" empfehle. Dazu ist ein Foto des Prokuristen der Bank abgebildet, sowie dessen Telefonnummer und eine allgemeine Mailadresse des Beraterteams angefügt.

"Es werde Licht"

Der Beitrag "LangerWegh: ‚Es werde Licht!‘" befasst sich wohlwollend mit einem Unternehmen, das auf Lichtplanung in Räumen spezialisiert ist. Am Ende des Beitrags findet sich kursiv die Kennzeichnung "gale/PR" sowie die Anschrift, Mailadresse, Telefonnummer und Logo des Unternehmens.

Im Beitrag "Peugeot 208 – Car of the Year 2020!" wird berichtet, dass dieses Auto "im B-Segment" neue Maßstäbe setze. Das Design entspreche "der markanten Marken-DNA". Am Ende des Artikels sind der Name eines Autohauses samt Kontaktdaten sowie der Hinweis "P.R." in kursiver Schrift angegeben. Unter dem Beitrag befindet sich eine Werbung für das Auto und das Autohaus.

Mangelnde Unterscheidbarkeit

Ein Leser kritisierte die mangelnde Unterscheidbarkeit zwischen redaktionellen Inhalten und PR-Beiträgen. Die Medieninhaberin gab gegenüber dem Presserat keine Stellungnahme ab und nahm am Verfahren nicht teil.

Der Senat des Presserats betont, dass aus "medienethischer Sicht Werbung von unabhängiger redaktioneller Berichterstattung deutlich abgegrenzt werden muss". Dabei seien neben der optischen Aufbereitung des Beitrags auch die Formulierungen entscheidend. Laut Senats überwiegt in den drei Beiträgen klar die Werbesprache. Die Unternehmen bzw. das angebotene Automodell würden durchwegs positiv und völlig unkritisch dargestellt.

"Fairer Credit"

Im Beitrag zur Raiffeisenbank sei etwa von den Vorteilen des "fairen Credits" und von einem "maßgeschneiderten Angebot" die Rede. Die Lampenfirma, so heißt es weiter, biete "zahlreiche hochwertige Designerstücke" an, die "das Kronjuwel eines jeden Raumes darstellen". Beim Automodell werden die verschiedenen Ausstattungsmerkmale angepriesen. Der Presserat: "Insgesamt könnten die Berichte auch aus einer Werbebroschüre stammen. Darüber hinaus werden Kontaktdaten der Unternehmen angeführt. Die Leserinnen und Leser sollen dazu verleitet werden, die Produkte zu erwerben." Der Senat vermisst unabhängige redaktionelle Aufarbeitung sowie journalistische Distanz. Eine Kennzeichnung sei nicht ausreichend erfolgt und wenn, dann "nur sehr klein in kursiver Schrift und erst am Ende der Beiträge". Zum anderen könnte der Hinweis "P.R." von den Leserinnen und Lesern auch für das Kürzel einer Redakteurin oder eines Redakteurs gehalten werden.

"Die Leserinnen und Leser wurden in die Irre geführt", heißt es in der Stellungnahme des Presserats. Der Senat fordert die Medieninhaberin auf, die Entscheidung freiwillig im "Kitzbüheler Anzeiger" zu veröffentlichen oder bekanntzugeben. (red, 9.10.2020)