Jovo Martinović wurde am Donnerstag von einem Gericht in Podgorica zu zwölf Monaten Haft verurteilt.

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Der montenegrinische Journalist Jovo Martinović wurde am Donnerstag von einem Gericht in Podgorica zu zwölf Monaten Haft verurteilt. "Ich erwarte kein Erbarmen, sondern Gerechtigkeit", sagt Martinović nun zum STANDARD und kündigt an, das Urteil nicht zu akzeptieren, sondern in die nächste Instanz zu gehen. Dem Aufdeckungsjournalisten wird vorgeworfen, Teil eines "kriminellen Unternehmens" gewesen zu sein.

Tatsächlich recherchiert der international tätige Martinović seit Jahrzehnten zu kriminellen Netzwerken auf dem Balkan und hat zahlreiche journalistische Arbeiten dazu veröffentlicht. 2014 arbeitete er mit VICE an einer Dokumentationsreihe mit dem Titel "Pink Panthers" über einen bekannten Ring von Balkan-Dieben, die im Verdacht stehen, Gold und Juwelen im Wert von hunderten Millionen gestohlen zu haben. Ein Jahr darauf, im Oktober 2015 wurde er inhaftiert, weil er verdächtigt wurde "bei der Schaffung einer kriminellen Gruppe für Drogenschmuggel" vermittelt zu haben. Er saß 14 Monate und 13 Tage in Untersuchungshaft und wusste, die längste Zeit nicht, weshalb.

Recherchen, die manchen nicht gefallen

Martinović vermutet, dass die Haft und das Urteil darauf zurückzuführen sind, dass er Recherchen unternommen hat, die den Mächtigen in Montenegro nicht gefallen. Vor wenigen Monaten deckte er etwa auf, dass ein Windräder-Projekt, das offiziell als Investition eines EU-Staates in Montenegro geführt wurde, tatsächlich von China kontrolliert wird. Der Präsident von Montenegro, Milo Đukanović reagierte sichtlich sauer. Der Staat Montenegro sei in der Causa völlig sauber, meinte er. Zudem dürfte sich Martinović auch unbeliebt gemacht haben, weil er sich geweigert hatte, Informationen zu seinen Recherchen mit den montenegrinischen Geheimdiensten zu teilen.

Richterin Vesna Pean, die das Urteil am Donnerstag fällte, ist in Montenegro für einige heikle Fälle zuständig, etwa Gerichtsverfahren gegen Oppositionelle und andere Journalisten. Sie argumentierte die Verurteilung von Martinovic damit, dass er im Jahr 2015, zwei Kriminelle miteinander bekannt gemacht hat. Dies erfolgte im Rahmen eines Rechercheprojekts. Martinović wurde im Vorjahr in Wien der Press Freedom Award von Reporter ohne Grenzen verliehen. (Adelheid Wölfl, 9.10.2020)