Mathias Novovesky wurde in eine Bestatterfamilie hineingeboren. Auch wenn er den Beruf der Eltern nicht ergriff: Das schöne österreichische Wort Pompfüneberer für die Profession ist ihm heilig.

Moritz Schell

Wer als Spross eines Bestattungsunternehmens in Niederösterreich aufwächst und sich entschließt, den Eltern aus guten Gründen beruflich nicht nachzufolgen, hat in Wahrheit nur zwei Ausweichmöglichkeiten: Entweder er geht nach Wien, in die Hauptstadt der Toten, und singt dort wie Voodoo Jürgens über das Ausgraben der Toten. Oder: Er geht nach Wien, wird Kabarettist und lässt die Leute lachen über die Toten. Mathias Novovesky hat sich für Letzteres entschieden.

Und so ist auch in seinem zweiten Solokabarett Bildnis eines mittleren Charakters die Beschäftigung mit dem Dahinscheiden ständig präsent. Schon der Titel, entnommen einer Biografie von Stefan Zweig über Marie Antoinette, deutet es an, wenngleich die guillotinierte Hofdame nicht Novoveskys Thema ist. Es geht vielmehr über die Heranbildung seines eigenen mittleren Charakters, darum, dass er den Homo sapiens an sich eigentlich gar nicht so gut leiden kann. Dass ihm Menschen per se eigentlich zuwider sind.

Haar in seiner Suppe

Und dass er, der dreimal in der Woche ein Haar in seiner Suppe findet, sich überhaupt vom Herrgott ganz schön gemobbt fühlt. Begonnen habe all das schon im Kindesalter: Wenn die Mitschüler ein Schwimmbecken bekommen haben, hat bei ihm der Vater "einen Eichensarg angefüllt". Und die erste Freundin, die er mit 15 mit nach Hause genommen hat, müsse seither psychotherapiert werden. Heute wird Novovesky zwar schon einmal zu einem Dreier eingeladen, aber auch da muss er dankend abwinken: "Wenn ich zwei Menschen gleichzeitig enttäuschen will, geh ich mit meinen Eltern essen."

Es finden sich auch diesmal alle Zutaten, die das schwarzhumorige Novovesky-Menü ausmachen: Wiener Grant und Mieselsucht, die Psychologie der russischen Literaturklassiker und reichlich Existenzialismus mit niederösterreichischem Bauernschmäh. Im Gegensatz zum Vorgängerprogramm Einzelhaft verzichtet Novovesky diesmal aber leider auf eine seiner größten Stärken: das Erzählen einer durchgängig schlüssigen Handlung.

Es ist also mehr Stand-up als sonst. Pluspunkte gibt es für seinen unermüdlichen Einsatz um die Bewahrung austriakischer Sprachschätze: Der Pompfüneberer (Bestatter, aus dem Französischen, von "pompe funèbre" für schönes Begräbnis) stirbt hoffentlich noch länger nicht. (Stefan Weiss, 9.10.2020)