Rainer Seele nimmt sich wie gewohnt kein Blatt vor den Mund.

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Wien – Wenn der Chef des größten heimischen Öl- und Gaskonzerns und die Sprecherin des Klimavolksbegehrens aufeinanderprallen, ist für Reibung gesorgt. So geschehen am Freitag bei einer Diskussion von Rainer Seele und Katharina Rogenhofer im Rahmen der Zeit-Konferenz, bei der DER STANDARD als Medienpartner fungierte.

Nach kurzem harmonischen Auftakt traten die Gegensätze rasch zutage. Seele prangerte die Verbotskultur der Ökos an – "die planwirtschaftlichen Vorgaben kenne ich noch aus der Zeit der DDR gut". Man könne nicht einfach auf einen Knopf drücken, sondern benötige Anstöße, um eine Transformation der Wirtschaft einzuleiten. "Wir wollen keine Kerzen auf den Tisch stellen, weil der Strom ausgegangen ist", argumentierte Seele gewohnt plakativ.

"Wir müssen da raus"

Was Rogenhofer so nicht stehen lassen wollte. Es gehe nicht um die Errichtung einer (Klimaschutz)-Diktatur, sondern um eine überfällige Dekarbonisierung. Es sei 30 Jahre lange nichts passiert: "Wir müssen da raus", so Rogenhofer. Sie sprach sich für einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern aus und forderte u. a. das Ende von Öl- und Gasheizungen im Neubau.

Katharina Rogenhofer fordert ein Raus aus fossilen Energieträgern.
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Seeles Ansage, dass man noch lange nach Öl pumpen werde – allein schon wegen der Herstellung von Kunststoffen – wies sie zurück. Dessen Argumente erinnerten die Klimaschützerin an Aussagen, das Rauchen von Zigaretten mit Filter sei gesund.

Österreich "Nachzügler"

Schon vor diese Konfrontation war Klima ein zentrales Thema, und zwar bei einem Panel mit dem Titel "Gemeinsam aus der Wirtschaftskrise". Universitätsprofessorin Sigrid Stagl sprach von ökologischen Weichenstellungen, die jetzt erfolgen müssten. Österreich bezeichnete sie bei der Dekarbonisierung als "Nachzügler". Während die EU seit 1990 einen Rückgang der Emissionen von gut 20 Prozent geschafft habe, einige Vorreiter deutlich mehr, sei hierzulande gerade einmal eine Stabilisierung des CO2-Ausstoßes erfolgt.

Barbara Blaha vom Momentum Institut vermisst klare Bedingungen bei der Gewährung von Staatshilfen.
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Die Professorin Sigrid Stagl kritisiert "Verschleppungstaktik" beim Umstieg auf sauberere Autos.
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Österreich habe da zu wenig unternommen, um gegenzusteuern, sagte die Leiterin des Instituts für Ecological Economics an der Wirtschaftsuniversität Wien. Das gelte – nicht nur, aber auch in Österreich – für den Verbrennungsmotor: "Wir haben schon länger emissionsarme Technologien, die aber nicht vorangetrieben werden." Sie ortet diesbezüglich eine "Verschleppungstaktik". Dass der Ausstieg aus Benzin- und Diesel-Motoren zu massiven Jobverlusten führt, bestreitet die Stagl nicht, plädiert aber für Maßnahmen, um die Folgen abzufedern.

Wirtschaft nicht verstanden

Einig war sich Stagl mit Barbara Blaha vom Momentum Institut und RHI-Managerin Simone Oremovic, dass die Regierungshilfen notwendig, aber in ihre Ausformung lückenhaft seien. "Da wurde die Wirtschaft nicht richtig verstanden", erklärte Oremovic. Blaha vermisst Bedingungen betreffend Arbeitsplatzerhalt und Standortgarantien: "Viele schicken die Leute nach Hause, nachdem sie Staatshilfen erhalten haben." (red, 10.10.2020)