Strache will am Sonntag bei der Wien-Wahl sein politisches Comeback schaffen. Doch Ermittler arbeiten intensiv an der Aufarbeitung der Spesenaffäre

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"Ok, machen wir es so": Diese fünf Worte sollen laut Ermittlern der Startschuss für ein jahrelanges System falscher Spesenabrechnungen in der FPÖ gewesen sein. Den Ausschlag gab damals laut Einvernahmen, dass die Partei sich weigerte, Rechnungen der privaten Putzfrau des Parteichefs Heinz-Christian Strache zu bezahlen. Da soll dessen Bodyguard auf die Idee gekommen sein, fremde Rechnungen einzureichen, um private Kosten zu begleichen – das sagte zumindest Straches ehemalige Büroleiterin aus. Meist habe es sich dabei um Restaurantrechnungen fremder Personen gehandelt, die entweder gesammelt oder direkt von befreundeten Wirten überreicht worden sein sollen.

Ermittlungsakten, die dem STANDARD vorliegen, zeigen, wie akribisch die Polizei nun versucht, die fremden Rechnungen zuzuordnen. Schon vergangenes Jahr klagten Ermittler in internen Besprechungen, dass das Zimmer mit Spesenbelegen nahezu überquelle. Bei größeren Beträgen nimmt die Polizei eine Art Contact Tracing vor, um herauszufinden, wer die Rechnung tatsächlich bezahlt hat.

Kuvert mit Joghurt

Als wichtiges Beweisstück wird derzeit ein Kuvert mit Rechnungen gehandelt, die nicht verrechnet werden konnten – jemand hatte Joghurt auf ihnen verschüttet. Dabei handelt es sich um Rechnungen eines Lokals nahe Korneuburg, in dem ein weiterer Security-Mitarbeiter der Straches Stammgast gewesen ist. Er sagte vor den Ermittlern aus, den befreundeten Wirt immer wieder um fremde Rechnungen gebeten zu haben. Dieser stritt das zunächst ab, um dann zurückzurudern. Ihm sei gesagt worden, die Rechnungen seien wichtig, um Wahlkampf- und Personalkosten abzudecken.

Im Kuvert fanden Ermittler unter anderem die Rechnung eines Leichenschmauses, der über 1500 Euro gekostet hat. Die Polizei forschte nun sogar die Tochter der Verstorbenen aus, die das Begräbnis organisiert hatte – mit der FPÖ oder den Straches hatte sie nie zu tun.

Strache bestreitet Vorwürfe

Insgesamt soll das Ehepaar Strache die FPÖ um mehr als 500.000 Euro geschädigt haben, denken Ermittler. Zahlreiche ehemalige Mitarbeiter haben den einstigen Parteichef und seine Frau belastet. Die ehemalige Büroleiterin und der langjährige Bodyguard werden selbst als Beschuldigte geführt; Letztgenannter hatte auch Kontakt zu einem Teil der Ibiza Video-Hintermänner.

Strache und seine Ehefrau haben die Vorwürfe stets von sich gewiesen, es gilt die Unschuldsvermutung. Der einstige Vizekanzler, der am Sonntag bei der Wien-Wahl reüssieren will, spricht von kriminellen Mitarbeitern, die Teil einer politischen Intrige seien. (fsc, 10.10.2020)