Neos-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr betonte: "Ich sage allen ganz klar: Wir sind bereit, in Wien Verantwortung zu übernehmen, in einer Regierung auch mitzugestalten."

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Wien – Als letzte größere Wiener Partei haben die Neos ihren Wahlkampf beendet: Ihr Abschluss-Event, das coronabedingt zu einer Abschluss-Pressekonferenz umgemodelt wurde, ging am Samstag am Platz vor dem Einkaufszentrum Wien-Mitte über die Bühne. Dabei unterstrich Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr ganz deutlich, dass er Lust auf Regieren hat: "Ich sage allen ganz klar: Wir sind bereit, in Wien Verantwortung zu übernehmen, in einer Regierung auch mitzugestalten."

Coronabedingt haben sich die Neos entschieden, das Wahlkampf-Finale nicht auf einer großen Bühne zu begehen. Vielmehr wurde ein kleines Podest samt pinker Rückwand im Freien aufgebaut, wo ein Redner nach dem anderen ein paar Worte sagte. Flankiert wurde die Szenerie von den ersten zehn Kandidaten auf der Liste, die Schilder mit den Neos-Slogans hielten, TV-Kameras und Journalisten und einigen Zuhörern.

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Meinl-Reisinger lobt Wiederkehr

Doch bevor Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr auf die Bühne kam, streute ihm Bundeschefin Beate Meinl-Reisinger Rosen: Er habe es geschafft, sich in den vergangenen Monaten einen Namen zu machen: "Christoph, das hast dir das Vertrauen von ganz vielen Wienerinnen und Wienern erarbeitet." Und was sie ganz besonders toll fand: "Du hast nicht versucht, jemanden zu kopieren, du hast dich nicht in eine Rolle drängen lassen, die du nicht bist. Du bist geblieben wie du bist. Und du bist ganz fantastisch." Und auch Meinl-Reisingers Vertrauen in Sachen Fernseh-Debatten hatte sich Wiederkehr erarbeitet: "Ich konnte dann meistens, wenn du das Duell (TV-Duell, Anm.) hattest, auch guten Gewissens umschalten auf was anderes."

Dann unterstrich sie noch Grundlegendes. Derzeit seien die Herausforderungen nicht klein, daher sei es wichtig, bei einer Wahl nicht nur das Programm zu wählen, sondern diejenigen, denen zugetraut wird, eine entsprechende Wertebasis zu haben, eine ordentliche Art zu arbeiten, die alle Argumente gut abwägen – also nicht ideologisch agieren, "sondern auf der Suche nach den besten Lösungen für alle Menschen". Nicht umhin kam Meinl-Reisinger, die Bundesregierung für ihre Intransparenz zu kritisieren.

Wiederkehr: "Grünen waren zu bequem"

Christoph Wiederkehr warb schließlich noch einmal um die Stimmen der Wienerinnen und Wiener: "Eine Stimme für Neos ist eine Stimme für Erneuerung und vor allem für eine ehrliche und faire Politik." Dabei unterstrich er die Bereitschaft zu einer Koalition mit der SPÖ, sollte sich diese rechnerisch ausgehen: "Unsere Haltung, unsere Politik und unseren Mut, den braucht es dringend auch in der Regierung, damit in Wien auch wieder was weitergeht, damit Wien erneuert wird." Es sei wichtig, dass die SPÖ einen Partner habe, der nicht bequem sei und überall wegschaue.

Kontrolle sei gerade bei einer Regierungsbeteiligung möglich, unterstrich er – nämlich, indem man gut verhandle und nicht umfalle und nicht wegschaue, wenn in einer Koalition etwas Schlechtes passiere, sondern darauf hinweise. "Hier waren die Grünen viel zu bequem. Die Grünen sind von Aufdeckern zu Zudeckern geworden." Kritik gab es auch für die "Blümel-ÖVP": "In diesen TV-Duellen, wenn ich die Augen geschlossen hätte, hätte ich oft nicht gewusst, ob die Inhalte von Blümel oder Nepp gekommen wären. Das finde ich schade für eine ehemalige christlich -soziale Partei."

Aufgrund des Feedbacks bei seinen Terminen ist Wiederkehr jedenfalls überzeugt: "Ich merke es, die Menschen vertrauen uns. Es werden viele Neos eine Stimme geben. Und ich bin mir sicher, wir werden deutlich gestärkt aus dieser Wahl hervorgehen." Bei der Wien-Wahl im Jahr 2015 erzielten die Pinken 6,16 Prozent. Es war damals der erste Antritt in Wien, wo auf Anhieb der Einzug in den Gemeinderat geschafft wurde.

Wiederkehr scheint das Stimmenwerben Spaß gemacht zu haben – er sei etwas "wehleidig", dass der Wahlkampf nun zu Ende sei, gestand er. Wobei ihn eines nicht traurig macht: "Worauf ich mich schon freue ist, nicht mehr jeden Abend in Duellen mit Spitzenkandidaten zu sein, sondern auch meine Partnerin wieder öfters zu sehen als die anderen Spitzenkandidaten. Das war die letzten Wochen genau umgekehrt." (APA, 10.10.2020)