Drei Häftlingen gelang in der Nacht auf Samstag der Ausbruch aus der Justizanstalt Graz-Karlau. Wie dies möglich war, beschäftigt die Ermittler.

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Graz – Nachdem drei Häftlinge in der Nacht auf Samstag aus der Justizanstalt Graz-Karlau ausgebrochen waren, hat es am Sonntag eine Reihe offener Fragen und widersprüchlicher Aussagen der mittlerweile befragten Ausbrecher gegeben. "Bei der Einvernahme am Samstag haben sie wenige und widersprüchliche Informationen gegeben", sagte der stellvertretende Anstaltsleiter Gerhard Derler der APA. Am Montag sollen auch die Bediensteten erstmals befragt werden.

Loch in der Mauer

Die drei Gefängnisinsassen, die sich einen Haftraum in der Justizanstalt teilten, sind durch ein 30 mal 30 Zentimeter großes Loch in zwölf Metern Höhe an der Außenmauer aus dem Anstaltsgebäude geschlüpft. Wie die Maueröffnung unbemerkt vor sich gehen konnte, war am Sonntag noch ein großes Rätsel. Immerhin ist die Mauer in diesem Bereich laut Derler 70 Zentimeter dick. "Der Trakt stammt aus dem 19. Jahrhundert, es handelt sich um eine Ziegelmauer. Wir haben keine Erfahrung, wie lange es dauert, um diese Arbeit zu verrichten", sagte Derler.

Auch konnte noch nicht geklärt werden, mit welchem "Werkzeug" gearbeitet wurde: "Messer, Löffel, Kochgeschirr, Teile von den Stahlrohrbetten oder den Sesseln – alles kann infrage kommen und wird jetzt genau angeschaut", so Derler. Die Häftlinge haben dazu bei der Einvernahme keine Auskunft gegeben.

Selbst ob das Ganze von längerer Hand geplant wurde, steht noch nicht fest. Dazu seien widersprüchliche Aussagen gemacht worden. "Da müssen wir jetzt die nächste Befragung abwarten", so Derler. Die Bediensteten der Justizanstalt seien noch nicht befragt worden. Hier wird zu klären sein, wie die Kontrollgänge stattgefunden haben und die Hafträume beobachtet wurden. Außerdem werde man weitere Insassen befragen.

Kurzer Genuss der Freiheit

Mithilfe mehrerer Leintücher hatten sich die Männer im Alter von 19, 21 und 26 Jahren aus zwölf Metern Höhe abgeseilt. Sie mussten dann auch noch die äußeren Anlagen überklettern. Hier dürften ihnen wieder in Streifen geschnittene Leintücher, die sie zu Seilen gedreht hatten, geholfen haben. Als sie den Vorfeldzaun überkletterten, wurde schließlich der Alarm ausgelöst. Dennoch konnten die drei letztlich vom Gelände flüchten. Die Freiheit hielt allerdings nur wenige Minuten an.

Nach der Alarmierung kurz nach 3 Uhr wurde eine Fahndung mit zwölf Dienststreifen in Absprache mit Justizwachebeamten eingeleitet. "Aus heutiger Sicht ist das alles sehr professionell abgelaufen und der Alarmplan abgearbeitet worden", so Derler. "Zwei Männer wurden unmittelbar nach dem Ausbruch, einer ein paar Minuten später wieder gefasst", schilderte Anstaltsleiter Josef Mock bereits am Samstag in einer ersten Reaktion gegenüber der APA. Das Duo wurde auf einem Firmengelände direkt gegenüber der Justizanstalt von Streifenbeamten erkannt und ließ sich widerstandslos festnehmen.

Die dritte Person wurde wenige Minuten später von einer Diensthundestreife und Justizwachebeamten auf einem Großparkplatz zwei Querstraßen westlich entdeckt. Ein Polizeidiensthund machte auf den den Mann, der sich unter einem Auto versteckt hatte, aufmerksam. Auch dieser Mann ließ sich ohne Widerstand festnehmen.

Die drei wurden wieder in die Justizanstalt gebracht, laut Derler wurden über sie besondere Sicherheitsmaßnahmen verhängt. Sie sitzen laut Derler wegen Eigentumsdelikten in der Justizanstalt Graz-Karlau ein und hatten zuletzt noch ein bis drei Jahre abzusitzen. (APA, red, 11.10.2020)